Unpolitisch
In diesem Haus verbrachte Thomas Mann die Sommer von 1930 bis 1932: im Dorf Nidden, auf dem Kurischen Haff, der schmalen Halbinsel im ehemaligen Ostpreussen bzw.

In diesem Haus verbrachte Thomas Mann die Sommer von 1930 bis 1932: im Dorf Nidden, auf dem Kurischen Haff, der schmalen Halbinsel im ehemaligen Ostpreussen bzw. Memelland. Als Mann hierherkam, war er bereits Nobelpreisträger, und Nidden war bereits Nida, litauisch, nicht mehr deutsch. Das Memelland war 1923 zum nun vom Zarenreich unabhängigen Litauen gekommen; die neue Grenze zu Deutschland verlief wenige Kilometer südlich Nidas – dort, wo jetzt die russische Exklave Kaliningrad beginnt. Während des Ersten Weltkriegs hatte sich der grosse Romancier noch für Kaiser und Reich begeistert. Damals schrieb er das krause Manifest «Betrachtungen eines Unpolitischen»: Mann beklagt bitter Hass und Entfremdung, die Deutschland ertragen müsse, weil es sich gegen den «westlichen Geist» auflehne; er verwirft die der deutschen Kultur abträglichen Ideen von Aufklärung, Liberalismus und Demokratie. Ein reicher Fundus für die russische Propaganda von heute, mit ihrer Feindseligkeit gegen Freiheitlichkeit, ihrer Verherrlichung des Nationalen, ihrem finsteren Militarismus – völlig anachronistisch. Mann wurde bald klüger; er bekannte sich schon 1922 zur Weimarer Republik und zur Demokratie.
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