US-Währung durch Zinsaussichten und Rohstoffpreisanstieg belastet Öl legt Strukturprobleme des Dollars offen
Die jüngste Abwertung des Dollars hat etliche Marktteilnehmer auf dem falschen Fuss erwischt.
Die jüngste Abwertung des Dollars hat etliche Marktteilnehmer auf dem falschen Fuss erwischt. Mit zyklischen Faktoren allein lässt sich diese Bewegung kaum erklären. Vielmehr hat sich in kürzester Frist ein Wandel in der Einstellung vieler Investoren vollzogen. - Würde es sich nur um eine zyklische Bewegung handeln, wäre der Euro kaum über 1.23$/ Euro gestiegen. Am Dienstag wurde er zu 1,2750 gehandelt. Diese Einschätzung beruht auf einer Regressionsanalyse der wichtigsten zyklischen Variablen: den erwarteten Zinsdifferenzen und dem Ausblick für die Anleihen- und die Aktienmärkte. Wird davon ausgegangen, dass der Offenmarktausschuss der amerikanischen Zentralbank das Leitzinsniveau am heutigen Mittwoch zum letzten Mal anheben wird (auf 5%), die Europäische Zentralbank das Zinsniveau aber weiter erhöht (von aktuell 2,5 bis 3,25%), würde sich der Zinsvorteil des Dollars verringern. Er nähme von aktuell 2,5 auf 1,75 Prozentpunkte ab. Darüber hinaus vermuten wir, dass eine Risikoprämie auf der US-Währung lastet. Sie äussert sich womöglich in steigenden Dollarzinsen und einem höheren Rohölpreis. - Höhere langfristige Zinsen sind zwar ein Abbild, dass ein kräftigeres Wirtschaftswachstums und mehr Inflation erwartet werden, doch im Falle des Dollars können höhere Zinsen auch ein Indiz für eine gestiegene Risikoprämie sein. Investoren werden in diesem Fall Dollaranlagen nur halten wollen, so lehrt die Theorie, wenn sie entweder durch eine höhere Rendite entschädigt werden oder aber günstigere Einstiegskurse erhalten. Als Konsequenz schwächt sich der Dollar ab. - Die jüngste Preisbewegungen im Dollar gegenüber den anderen Hauptwährungen steht aber auch mit dem steigenden Ölpreis im Zusammenhang. Die Energiepreissteigerung hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich das Handelsbilanzdefizit der USA ausgeweitet hat. Der Preis von Rohöl kann deshalb auch als – täglich vom Markt bewertete – Annäherung an die strukturellen Probleme des Greenback gesehen werden. - Die Auswirkung steigender Ölnotierungen auf die unterschiedlichen bilateralen Dollar-Wechselkurse spielt sich auf verschiedenen Ebenen ab: Es kommt auf die Effizienz in der Verwendung der Energie an, auf den Umfang, wie viel ein Land in erdölexportierende Destinationen ausführt und darauf an, welche Regeln die Zentralbanken in der Implementierung der Geldpolitik verfolgen. - In den vergangen 20 Jahren ist die Effizienz in der Verwendung von Energie in den USA, in Europa, aber auch in Asien fast 40% gestiegen, wobei Europa und Japan effizientere Verbraucher sind als die USA. Der europäische und asiatische Importanteil ölexportierender Länder ist seit der Ölkrise Ende der Siebzigerjahre markant über den der USA gestiegen. Eine Ölpreissteigerung begünstigt also europäische und asiatische Konsum- und Investitionsgütermärkte (einschliesslich Schweizer Maschinen- und Uhrenindustrie) überdurchschnittlich. - Zentralbanken spielen in Bezug auf dieWährungsentwicklung insofern eine Rolle, als sie sich unterschiedlich verhalten. Die EZB verfolgt ein klar definiertes Ziel (Preisstabilität) und wird demnach die Zinsen anheben, sollten die Inflationserwartungen steigen. Die US-Zentralbank hat ausser dem Ziel Preisstabilität auch ein Wachstumsmandat und ist demnach «berechtigt», etwas Inflation zuzulassen, sollten sich die Wachstumsaussichten der Wirtschaft verdüstern. Das kann grundsätzlich als günstig für den Dollar angesehen werden, doch der Umstand, dass die Märkte nach wie vor auf die erwarteten Zinsunterschiede ausgerichtet sind, verheisst der US-Valuta nichts Gutes, sollte das Fed in der Zinspolitik eine Pause einlegen. - Doch ein höherer Ölpreis spiegelt unserer Ansicht nach ebenso die Wachstumsstärke der asiatischen Volkswirtschaften. Insofern ist die Dollarschwäche auch als Asienstärke zu sehen. Deshalb zeichnet sich für Japan und den Yen trotz steigender Ölpreise ein viel freundlicheres Bild als noch vor einem halben Jahr. Steigende Energiekosten und mehr Wirtschaftswachstum gehen in Asien einschliesslich Japan Hand in Hand. Mittlerweile kann die japanische Wirtschaft mit teurerem Öl besser umgehen als früher. Als Konsequenz könnten sich die asiatischen Währungen einschliesslich Yen vor dem Hintergrund höherer Marktzinsen und steigender Wachstumserwartungen zum Dollar weiter aufwerten. UBS, Benedikt Germanier