VNU-Chef gibt seinen Rücktritt bekannt – Reed Elsevier enttäuscht die Anleger
In Amsterdam standen am Donnerstag die beiden niederländischen Medienkonzerne VNU und Reed Elsevier aus unterschiedlichen Gründen im Mittelpunkt.
In Amsterdam standen am Donnerstag die beiden niederländischen Medienkonzerne VNU und Reed Elsevier aus unterschiedlichen Gründen im Mittelpunkt. Die VNU-Gruppe, zu der unter anderem das amerikanische Medienforschungsunternehmen AC Nielsen gehört, bläst auf Druck der Aktionäre (vgl. FuW Nr. 89 vom 9. November) den im Juli angekündigten Kauf des amerikanischen Gesundheitsinformationsdienstes IMS Health für 7 Mrd.$ ab. Chief Executive Officer Rob van den Bergh wird zurücktreten, bleibt aber noch so lange im Amt, bis ein Nachfolger gefunden worden ist. Aller Voraussicht nach wird auch Verwaltungsratspräsident Aad Jacobs zum Rücktritt gezwungen, weil auch er die Übernahme von IMS Health befürwortete. - VNU kündigte an, dass den Aktionären 1 Mrd. Euro zurückgeben werden soll, entweder in Form einer Sonderdividende oder durch Aktienrückkäufe. Näheres dazu will VNU erst Anfang nächsten Jahres mitteilen. Der Aktienkurs legte am Donnerstag zeitweise mehr als 4% bis auf ein Jahreshoch von 27.77 Euro zu, am Freitagmittag notierte er 26.95 Euro. - Im Gegensatz dazu fielen die Titel des niederländisch-britischen Fachverlags Reed Elsevier am Donnerstag und Freitagmorgen 5% auf 11.30 Euro. Der Grund: Der amerikanische Lehrmittelverlag Harcourt, der im Jahr 2000 für 5,5 Mrd.$ erworben worden war, verkauft weniger Schulbücher als erwartet. Reed Elsevier korrigierte die Wachtumsprognose 2005 für Harcourt überraschend auf 2% (bisher 7 bis 10%). Auf Gruppenebene erwartet Konzernchef Crispin Davis aber nach wie vor eine organische Umsatzverbesserung im laufenden Jahr von 5% und einen zweistelligen Anstieg des Gewinns pro Aktie. - Gemäss Crispin Davis wird die Umsatzschwäche von Harcourt durch die besser als erwartet ausgefallene Entwicklung der Datenbank Nexis Lexis kompensiert. Die Mitteilung erwischte die Anleger dennoch auf dem falschen Fuss. Denn das Unternehmen publiziert keine Quartalszahlen, und Davis hatte selbst Anfang Jahr die Erwartung geweckt, dass die Harcourt-Verkäufe im zweiten Semester markant zulegen würden. «Die Entwicklung von Reed Elsevier auf dem amerikanischen Schulbuchmarkt ist enttäuschend, aber man muss auch berücksichtigen, dass die Tochter Harcourt nicht einmal 15% des Konzernumsatzes erwirtschaftet», relativiert Analyst Oskar Tijs von der Amsterdamer Effektenbank Kempen, «ich sehe daher keinen Grund, die Kaufempfehlung für Reed Elsevier zu revidieren.» Reinier Westeneng von SNS Securities stellt hingegen fest: «Die weisse Weste von Reed-Elsevier-Chef Cripsin Davis hat nun einen Fleck.» - Die Aktienbewertung der beiden Verlagskonzerne weist eine hohe Differenz auf: Während VNU mit einem hohen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 2006 von 23 gehandelt werden, sind Reed Elsevier mit einem KGV 2006 von lediglich 14 bewertet. VNU könnte nach dem Scheitern der Akquisition von IMS Health selbst zu einem Übernahmekandidaten werden, wird in Amsterdam spekuliert. Denn die Einzelteile des Medienkonzerns sind nach Analysteneinschätzung einiges mehr Wert als die Börsenkapitalisierung von 6,9 Mrd. Euro, was zu einer Zerschlagung der Gruppe einlädt. - VNU sind vor diesem Hintergrund trotz der hohen Bewertung nicht ausgereizt. Reed Elsevier sind dagegen moderat bewertet; das gedrückte Kursniveau bietet eine günstige Einstiegsgelegenheit. Beide Verlagshäuser sind in Amerika prominent vertreten und werden vom erstarkten Dollar profitieren.Htz, Den Haag