Wallstreet im Bann der US-Wahlen
Die Geschichte zeigt, dass die Börse unter demokratischen Präsidenten meist besser läuft. Professionelle Investoren stufen Donald Trump als Grossrisiko ein.

Die Wahlen in den Vereinigten Staaten rücken rasch näher. Der Aktienmarkt ist davon bislang wenig beeindruckt. Das Grossereignis dürfte auf der Agenda der Anleger jedoch bald ganz nach oben rücken und für wachsende Unsicherheit sorgen. Als Orientierungshilfe bietet sich daher ein Blick in die Börsengeschichte an. Sie zeigt, dass Wallstreet am 8. November auf einen Sieg von Hillary Clinton hoffen sollte. Zudem geht es in den letzten Wochen vor den Wahlen meist turbulent zu und her.
Die Aktienmärkte entwickeln sich besser, wenn ein Demokrat im Weissen Haus sitzt. Diesen Schluss legt eine Auswertung des Finanzdienstleisters S&P Capital IQ nahe, die den Präsidentschaftszyklus an den US-Börsen seit 1945 untersucht hat. Demnach hat der amerikanische Leitindex S&P 500 unter einem demokratischen Präsidenten im Schnitt jährlich 9,7% zugelegt. Sass ein Republikaner im Weissen Haus, avancierte er lediglich 6,7%.
Boom unter Ford

Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen. So entwickelte sich der S&P 500 am besten unter dem Republikaner Gerald Ford, der von der günstigen Konjunkturentwicklung profitierte. Ford trat das Amt 1974 an, als der Ölpreis auf einem Rekordwert notierte und die US-Wirtschaft mitten in einer Rezession steckte. Doch obschon sich die Konjunktur danach erholte und die Kurse an der Börse anzogen, musste Ford das Weisse Haus bei den nächsten Wahlen verlassen und Jimmy Carter Platz machen. Gut lief es an Wallstreet ebenfalls unter Präsident Clinton, dessen Amtszeit mit dem Internetboom zusammenfiel.
Auch unter Präsident Barack Obama tendiert die Börse freundlich. Der S&P 500 ist seit seinem Antritt im Januar 2009 jährlich rund 15% gestiegen. Damit rangiert Obama im historischen Vergleich nach Ford sogar auf dem zweiten Platz.
Mindestens so wichtig wie die Parteizugehörigkeit des Präsidenten ist für die Börse die Zusammensetzung im Kongress. Seit 2015 kontrollieren die Republikaner beide Kammern: Sie sind sowohl im Senat wie auch im Repräsentantenhaus in der Mehrheit. Diese Konstellation hat sich in der Vergangenheit mit Blick auf die Aktienmärkte als ziemlich vorteilhaft erwiesen, wie eine Studie von Bank of America Merrill Lynch (BoAML) verdeutlicht. Der US-Leitindex legte im Mittel jedes Jahr 15% zu.
Die Strategen von Citigroup erwarten, dass die Republikaner auch nach den Wahlen im Herbst mindestens eine Kammer im Kongress kontrollieren werden: «Die Umfragen deuten auf intakte Wahlchancen für den Grossteil der Abgeordneten hin», meinen sie.
Bis zum Wahltag müssen sich Investoren auf eine holprige Fahrt an Wallstreet einstellen. Der S&P 500 geriet in der Vergangenheit jeweils ab Anfang September unter Druck, wenn die Wahl in der zweiten Amtszeit eines Präsidenten stattfand. Die meisten Präsidenten sind nach der ersten Amtsperiode wiedergewählt worden. Diese Beständigkeit wirkte sich an Wallstreet positiv aus. Spätestens nach acht Jahren ist aber Schluss. Zur Wahl stehen dann (wie es derzeit der Fall ist) zwei neue Kandidaten. Das ist immer ein Unsicherheitsfaktor – und somit Gift für die Märkte.
Börsenschreck Trump
Dieses Jahr bergen die Wahlen ein besonders hohes Risiko, denn die Auswirkungen eines Siegs von Donald Trump sind kaum abzuschätzen. Dennoch sind die Märkte bislang gelassen: Die Marktteilnehmer erwarten einen Wahlsieg von Clinton, erklären die Analysten von Citigroup. An den Wahlbörsen führt die Demokratin deutlich. Ihre Gewinnchancen liegen derzeit bei rund 60% . Doch Trump ist nicht geschlagen. In Wählerumfragen hat er nach den Spekulationen um Clintons Gesundheit deutlich aufgeholt und ist ihr nun dicht auf den Fersen.
Je nachdem, ob Clinton oder Trump gewinnt, kann das auf einzelne Sektoren unterschiedliche Auswirkungen haben (vgl. Infobox unten). Für professionelle Anleger ist der Fall aber grundsätzlich klar: Präsident Trump ist ein Schreckensszenario. Das zeigt die Umfrage unter Fondsmanagern, die BoAML monatlich durchführt. Bei der Frage nach den grössten Risiken für die Börse in den kommenden Monaten landete der streitbare Milliardär auf dem zweiten Platz .
In den Fokus rücken nun die Swing States: In diesen Bundesstaaten hat keine der beiden Parteien eine stabile Mehrheit. «Die Entwicklung an den Finanzmärkten dürfte bis zu den Wahlen stark von den Umfragewerten in den Swing States abhängen», meinen die Analysten von Citigroup. Das Nachrichtenmagazin «Politico» identifiziert für diese Wahlen elf Swing States, in neun führt Clinton derzeit.
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