Was sind Absprachen, was ist Gruppenbildung? – Folgen für Publikumsaktionäre
Überraschend hatten an der Generalversammlung der Immobiliengesellschaft Feldschlösschen-Hürlimann (FHH) Kräfte um die Marc-Rich- Gruppe der Fusion mit Swiss Prime Site eine Absage erteilt.
Überraschend hatten an der Generalversammlung der Immobiliengesellschaft Feldschlösschen-Hürlimann (FHH) Kräfte um die Marc-Rich- Gruppe der Fusion mit Swiss Prime Site eine Absage erteilt. Auch gelang es ihnen zusätzlich, mit der Wahl eines neuen fünfköpfigen Verwaltungsrats die Macht zu übernehmen. - Jetzt klärt die Übernahmekommission ab, ob es sich um ein Acting in concert handelt (vgl. FuW Nr. 40 vom 23. Mai) und inwiefern die Regeln des Börsengesetzes verletzt worden sind. Überprüft wird, ob die Fusionsgegner als organisierte Gruppe agierten. Würden diese Aktionäre mehr als 33 1/3% der Stimmen der FHH kontrollieren, müssten sie den übrigen Aktionären innerhalb von zwei Monaten ein öffentliches Kaufangebot unterbreiten. - Hans-Peter Bauer, neuer Verwaltungsrat der FHH, bestätigt, dass sowohl die Offenlegungsstelle der SWX Swiss Exchange wie auch die Übernahmekommission entsprechende Abklärungen vornehmen. Überprüft wird, ob im Vorfeld der Fusions-GV die Offenlegungspflicht verletzt worden ist und ob es zu einer Gruppenbildung gekommen sei. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, wollen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der FHH keine Stellung beziehen. Walter Suter, der am Montag an der ersten Sitzung des neuen VR in seiner bisherigen Funktion als Geschäftsleiter der FHH bestätigt wurde, erklärte, dass die Gesellschaft mit den Aufsichtsgremien «bestens zusammenarbeitet und alles offenliegt». - Untersucht wird, ob eine Gruppenbildung stattfand. Das Börsengesetz geht von einer Abstimmung der Verhaltensweise aus, wenn dies «mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren» erfolgt. Was insbesondere «organisierte Vorkehren» sind, lässt das Gesetz aber offen. Der Zürcher Aktienrechtsspezialist Prof. Alexander de Beer plädiert im Interesse der Aktionäre für eine möglichst liberale Definition. Wenn der VR im Vorfeld einer Fusion Einflussnahme auf Aktionärsgruppen – auch über die Medien – ausübt, muss seiner Ansicht nach anderen Interessenkreisen erlaubt sein, Lobbying zu betreiben, ohne dass gleich von Gruppenbildung gesprochen werde. Renate Wey, Rechtskonsulentin der Übernahmekommission, geht ebenfalls davon aus, dass Aktionäre von anderen Aktionären kontaktiert werden dürfen, solange diese nicht – in welcher Form auch immer – zu verbindlichen Zusicherungen in Bezug auf das Abstimmungsverhalten führt. - Stellt die Übernahmekommission im Fall FHH eine Überschreitung des Grenzwerts fest, müssen die neuen Machthaber den Publikumsaktionären innerhalb von zwei Monaten ein Kaufangebot unterbreiten. Tun sie das nicht, würde die EBK aktiv. Da kein Präzedenzfall existiert, ist offen, welche rechtlichen Schritte folgen werden. Unklar ist ebenfalls, ob der ehemalige VR unter Robert Jeker juristische Schritte einleitet, um die GV-Beschlüsse aufheben zu lassen. Bis Redaktionsschluss lag kein Entscheid vor. - Käme es zu einem Pflichtangebot, müsste dieses höher sein als das für die Fusion vorgesehene Austauschverhältnis von 563 Fr. pro Aktie, denn die Gegner haben immer auf verborgene Werte gepocht. Der neue Verwaltungsrat steht daher unabhängig vom Ausgang der börsenrechtlichen Verfahren in der Verantwortung, die Strategie zu kommunizieren und zu zeigen wie er Mehrwert schaffen will. Auch für die Publikumsaktionäre würde das einen höherern Aktienkurs bedeuten. KK