Web-Generalversammlung ade
Während des Technologiebooms schien es so, als werde die Generalversammlung (GV) der Zukunft über das Internet verbreitet und die Interaktivität mit den Investoren via PC sichergestellt.
Während des Technologiebooms schien es so, als werde die Generalversammlung (GV) der Zukunft über das Internet verbreitet und die Interaktivität mit den Investoren via PC sichergestellt. Doch diese Entwicklung ist ins Stottern geraten. Nur ein Bruchteil der führenden US-Gesellschaften verbreitet ihre GV live über das Internet. - Das Nachlassen der Euphorie für das Internet hat nichts mit Mängeln der Technologie zu tun – im Gegenteil: Angesichts der Skandale um Bilanzfälschungen und überrissene Optionsprogramme scheuen zahlreiche Unternehmen eine zu umfangreiche Publizität. Für die laufende GV-Saison wurden in den USA rekordhohe 899 Traktanden durch Aktionärsgruppen eingereicht, über die abgestimmt werden muss. Im Jahr 2002 belief sich die Zahl der von aussen angetragenen Traktanden auf 802 (2001: 659). - Einige Gesellschaften bemühen fadenscheinige Argumente, wieso ihre GV nicht auf dem Web übertragen wird. Alcoa und International Paper verweisen darauf, dass ihr Aktionariat mehrheitlich aus institutionellen Anlegern bestehe und dass die einen intimen Rahmen für Zusammenkünfte schätzten. Entlarvend ist die Begründung von Federated Departement Stores, an der GVwerde in der Regel wenig Berichtenswertes beschlossen! Im Jahr 2000 führte die US-Börsenaufsicht SEC die Fair-disclosure-Regel (FD) ein. Gemäss FD müssen alle Informationen, die den Aktienpreis beeinflussen könnten, allen Investoren zeitgleich zugänglich gemacht werden. Die GV wurde indes ausgenommen. - Vom Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg wird ein Pressesprecher von Calpers, der grössten US-Pensionskasse, folgendermassen zitiert: «Internet-Zugang zur GV ist für uns von vitalem Interesse, weil wir in 2000 Gesellschaften engagiert sind.» Wenig Probleme mit oppositionellen Investoren hatte Tyco International am Donnerstag. Das krisengeschüttelte Konglomerat hielt die GV auf den Bermudas ab, wo auch der Geschäftssitz des Unternehmens liegt und die Gesetze wenig aktionärsfreundlich sind. Dort war man vor unangenehmen Fragen sicher. Wenig erstaunlich: Die Tyco-GV erteilte dem Antrag auf Verlegung des Geschäftssitzes in die USA eine Abfuhr. - Doch solches Verhalten steht quer in einer Zeit, in der Aktionäre Transparenz und Mitbestimmung fordern. Vorbildlich sind Unternehmen wie Microsoft, Intel und Wal-Mart Stores, die die GV im Web übertragen und auch via Internet gestellte Fragen zulassen.WG