Wie nachhaltig ist die Trump-Xi-Börsenrally?
Der vorläufige Waffenstillstand zwischen den USA und China im Handelsstreit beflügelt die Börsen. An der Nachhaltigkeit der Erholung darf indes gezweifelt werden.

Die Aktienmärkte freut es: Am G-20-Gipfel in Buenos Aires haben sich US-Präsident Donald Trump und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping auf einen Waffenstillstand im Handelsdisput geeinigt. Für die nächsten neunzig Tage werden die Zölle auf dem heutigen Niveau eingefroren.
Während dieser Schonfrist soll über Streitfragen wie den Schutz geistigen Eigentums oder Fragen des Technologietransfers verhandelt werden.
Eine Erhöhung der Abgaben – und damit eine unmittelbare Eskalation zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt – konnte demnach vorerst abgewendet werden.
Gemäss Donald Trump komme China den USA bei den Zöllen auf Autos entgegen. Angeblich sollen sie von gegenwärtig 40% reduziert werden. Diese Aussage wurde allerdings von China noch nicht bestätigt.
Börsen legen kräftig zu
Die Börsianer jubilierten angesichts des erfreulichen Ausgangs der Gespräche. In Asien legten die Aktienindizes auf breiter Front zu. Der Topix in Japan avancierte 1,3%, der Hongkonger Hang Seng legte 2,5% zu, während der Taiex in Taiwan ebenfalls 2,5% gewann.
Die gute Stimmung schwappte im frühen Handel auf Europa über. Der stark exportorientierte und deshalb in den vergangenen Wochen besonders schwache deutsche Aktienindex (Dax) schnellte 2,4% in die Höhe. Der italienische FTSE Mib verteuerte sich 1,9%. Der Euro Stoxx 50 notierte mehr als 2% im Plus, der defensive Swiss Market Index SMI rund 1%.
Können die Marktteilnehmer nun also aufatmen? «Ich bleibe skeptisch, ob diese Rally nachhaltig ist», schreibt etwa Arthur Kroeber vom Hongkonger Analysehaus GaveKal Research. «In der Vereinbarung vom Wochenende wurde nämlich kein struktureller Aspekt der US-chinesischen Rivalität adressiert.»
Die Analysten der Commerzbank sind ebenfalls vorsichtig. Zwar hätten die Streitparteien eine Zuspitzung vermieden. Es müsse sich nun aber erst weisen, inwiefern China tatsächlich bereit sei, auf die Forderungen der USA einzugehen.
Etwa sei die Zusage Chinas, wieder verstärkt amerikanische Landwirtschaftsgüter zu kaufen, kaum als Entgegenkommen zu werten. Angesichts des hohen Bedarfs an Sojabohnen sei China vorerst nicht imstande, ihn über andere Exportquellen wie Brasilien und Argentinien zu decken. China habe hier also etwas zugestanden, was es sowieso zu tun gedachte.
Für die Commerzbank liegt das Grundübel darin, dass China noch nicht den von den USA geforderten Übergang zu einer freien Marktwirtschaft geschafft hat. Bei wichtigen Streitfragen wie dem Schutz des geistigen Eigentums sei deshalb zweifelhaft, ob die Gerichte in China unabhängig genug sind, damit ausländische Unternehmen ihre Ansprüche vor Ort durchsetzen können.
Enger Zeitplan
Die Analysten der Commerzbank gehen deshalb nicht davon aus, dass die grundlegenden Fragen in den nächsten drei Monaten geklärt werden können. Das Risiko bleibe darum gross, dass der Handelsstreit wieder eskaliere und die US-Zölle auf chinesische Produkte mit einiger Verzögerung doch auf 25% angehoben würden.
Auch die Analysten von Société Générale lassen noch nicht die Champagnerkorken knallen. Die Verschiebung der Strafzölle sei zwar ein gutes Zeichen dafür, dass sich harte Verhandlungspositionen auch aufweichen könnten. Die relativ kurze Zeit, die nun zur Lösung tiefgreifender Probleme und Unstimmigkeiten zur Verfügung stehe, genüge aber kaum.
Gerade weil die US-Forderungen, den Zugang und das Teilen von intellektuellem Eigentum einzuschränken, der ambitionierten Agenda «Made in China 2025» zuwiderliefen, sei eine Einigung bis 1. März kaum erreichbar. Für die Analysten bleibt das Risiko, dass die Strafzölle per 1. März von 10 auf 25% angehoben werden, deshalb bei über 50%.
Allerdings geht Société Générale zumindest davon aus, dass die restlichen chinesischen Importe im Volumen von rund 250 Mrd. $, die bislang noch nicht von Strafzöllen betroffen sind, von Abgaben ausgenommen werden.
Europa neu im Fokus?
Und auch wenn China für die Märkte vorderhand kein Thema mehr sein wird, könnte andernorts Ungemach drohen. So befürchtet Louis Gave von GaveKal Research, dass nun Europa in Trumps Fokus rücken könnte: «Ich würde darauf wetten, dass Trump in den kommenden Wochen nicht mehr über China sprechen wird, sondern damit beginnt, sich auf Europa einzuschiessen.»
Denn da die Angriffe auf China keinen raschen Erfolg gezeitigt haben und der US-Präsident dringend auf politische Punkte angewiesen ist, wäre das relativ schwache Europa eine gefundenes Opfer.
Behält der Stratege recht, ist es schon bald vorbei mit der Erholungsrally.
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