Zentralbank senkt den Leitzins auf Euroland-Niveau – Regierung muss Strukturreformen vorantreiben
Griechenland, das mit dem Jahreswechsel zwölftes Euroland-Mitglied wird, trifft die letzten Vorbereitungen für die Teilnahme am Euro.
Griechenland, das mit dem Jahreswechsel zwölftes Euroland-Mitglied wird, trifft die letzten Vorbereitungen für die Teilnahme am Euro. Am Mittwoch senkte die Bank von Griechenland ihren Leitsatz erwartungsgemäss um 100 Basispunkte (Bp) auf das Niveau des Euroland-Leitsatzes von 4,75%. Gesenkt wurden auch der Einlagenzins (um 100 Bp auf 3,75%) sowie der Lombardsatz (um 75 Bp auf 5,75%). Nach der neunten Lockerung in diesem Jahr übergibt die griechische Notenbank die geldpolitischen Zügel an die Europäische Zentralbank und wird Teil des Eurosystems. Die Zeichen deuten darauf hin, dass der Übergang reibungslos verläuft. - Der Eintritt in die Eurozone weist für ein Land, das vor wenigen Jahren noch unter die Kategorie Emerging markets fiel, einen symbolischen Charakter auf. Mit dem Beitritt Griechenlands erhöht sich die Bevölkerung Eurolands um 10,6 Mio. auf 302,2 Mio. Menschen, während sich das Bruttoinlandprodukt um 2% auf 6240 Mrd. Euro ausdehnt. - Mit der Leitzinssenkung endet ein längerer Anpassungsprozess. So lag der griechische Leitsatz (für vierzehntägige Repo- Einlagen) noch im Januar auf 9,75%, während der Hauptrefinanzierungssatz Eurolands sich auf 3,5% belief. Die griechische Notenbank hielt die Differenz angesichts eines hohen Geldmengenwachstums lange hoch, um den Teuerungsdruck zu dämpfen. Die Inflation zog in den vergangenen Monaten vor dem Hintergrund hoher Ölnotierungen und eines starken Dollars an, nachdem die Kernrate im August auf 1,4% gelegen hatte. Auf der Grundlage des harmonisierten Preisindex der EU belief sich die Inflation im November auf 4,2%. Für das Euroland wurde im Vergleichszeitraum eine Teuerungsrate von 2,9% ausgewiesen. Griechenlands Zentralbank erwartet, dass der Preisauftrieb in der ersten Hälfte 2001 unter 3% fällt. Wie weit die finanzielle Konvergenz des baldigen Euro-Neulings fortgeschritten ist, zeigt ein historischer Vergleich: 1995 belief sich die Jahresteuerung auf 8,9%. - Abgeschlossen ist auch die Anpassung der Drachme. Die griechische Valuta notiert zum Euro 340.75 Dr./ Euro. Der Wechselkurs entspricht dem Verhältnis, zu dem die griechische Währung in Euros konvertiert wird. - Einen weiteren Beleg für die Annäherung Griechenlands an die Eurozone liefert der Renditeverlauf am Kapitalmarkt. Zehnjährige griechische Staatsobligationen, deren Bonität von Moody’s mit A2 und von Standard & Poor’s mit A– eingestuft wird, verzinsen sich zu 5,49%; die Renditedifferenz zur vergleichbaren deutschen Bundesanleihe (höherer Bonität) beträgt noch 61 Bp (vgl. Grafik). Merrill Lynch erachtet den Renditeaufschlag von 20 Bp zur zehnjährigen italienischen Referenzanleihe als angemessen. Mit der Euroteilnahme des Landes werden griechische Bonds Teil des Anlageuniversums von Investoren, die ihre Portefeuilles an einem Euroland-Bondindex ausrichten. - Hoch bleibt hingegen Griechenlands Staatsverschuldung, die gemessen am Bruttoinlandprodukt 103,9% erreicht. Der Wert soll sich Schätzungen der Regierung gemäss bis 2004 auf 84% zurückbilden. Das jüngst verabschiedete Budget für 2001 sieht vor, dass die Verschuldung auf 98,9% fällt. - Mit Blick auf den Staatshaushalt strebt das griechische Ministerium für Wirtschaft mittelfristig Überschüsse an. Grundlage dafür bilden ein solides Wirtschaftswachstum, tiefere Zinsen und eine zurückhaltende staatliche Ausgabenpolitik. Goldman Sachs erwartet für 2000 ein Defizit von unter 1%, gefolgt von einem Überschuss von 0,5% im Jahr 2001. - Weitgehend Übereinstimmung herrscht darüber, dass das Land die eingeleiteten Strukturreformen vorantreiben muss. Herausforderungen stellen unter anderem die Reform der Arbeitsmärkte und des Pensionswesens, die Öffnung des Markts für Telekommunikationsdienste, die Deregulierung des Energiewesens und die Privatisierung staatlicher Unternehmen dar.MZ