Zinsen in Europa werden weiter steigen – Unternehmensanleihen bieten attraktivere Rendite als Staatsanleihen
Der spanische Wirtschaftsminister Rodrigo Rato liess seinem Unmut freien Lauf.
Der spanische Wirtschaftsminister Rodrigo Rato liess seinem Unmut freien Lauf. Am Donnerstag bezeichnete er die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom April im Nachhinein als Fehler. Gleichentags nahm der Bankrat des Instituts, in dem auch der spanische Notenbankchef Luis Angel Rojo einen Sitz hat, den damaligen Zinsschritt zurück. Eurolands wichtigster Leitzins, der Hauptrefinanzierungssatz, wurde von 2,5 auf 3% erhöht (vgl. Textkasten). Er ist für die elf Notenbanken in der Währungsunion verbindlich. Banken, ob in Barcelona oder Berlin, können sich nur zu den einheitlichen Sätzen, die von der EZB festgelegt werden, refinanzieren. Liquidität zu schöpfen, ist nun teurer geworden. Die Kreditinstitute werden früher oder später höhere Preise verlangen. Kredit- und Hypothekarzinsen werden steigen. Europas Bürger erhalten aber auch höhere Zinsen auf Spareinlagen. - Noch vor wenigen Wochen hielten viele Ökonomen eine Zinserhöhung in diesem Jahr für abwegig, weil die wirtschaftliche Erholung der grossen Volkswirtschaften Deutschlands und Italiens noch im Anfangsstadium steckt. Die Finanzmärkte wurden jedoch durch Äusserungen der EZB-Spitze bewusst auf eine Zinserhöhung eingestimmt. Im Gegensatz zur amerikanischen Zentralbank war die EZB unmissverständlich. Die Krönung bildete ein Zeitungsinterview Wim Duisenbergs, dem Vorsitzenden der EZB, in dem er am Wochenende mitteilte, er könne sich eine Zinserhöhung vorstellen. - Die Geldmarktsätze stiegen umgehend. Für die Finanzwelt stand fest, dass die Zinsen erhöht würden. Ob die elf nationalen Notenbankchefs die einseitige Vorgabe für die Sitzung am Donnerstag schätzten, bleibt offen. Es ist unwahrscheinlich, dass alle Teilnehmer eine Erhöhung zum jetzigen Zeitpunkt befürworteten. Der Entscheid fiel jedoch einstimmig aus.