Aufgefallen in Nigeria Briten gehen, Bier bleibt
Nigeria ist eine Nation der Biertrinker. Besonders beliebt ist das tiefdunkle, opake Stout, besser bekannt als Guinness.

In Nigeria wird mehr Guinness getrunken als in Irland. Der Konsum pro Kopf ist auf der Grünen Insel mit gut 5 Mio. Einwohnern zwar höher. Aber auch in Nigeria hat das Biertrinken Tradition, und dank einer Bevölkerung von geschätzten 220 Mio. wird dort so viel Bier ausgeschenkt wie weltweit nirgendwo sonst, ausgenommen natürlich im Vereinigten Königreich. In Lagos werden die alkoholischen Hopfen- und Malzgetränke allerdings eher am Strand oder in schicken Restaurants konsumiert und nicht wie in London oder Dublin in schummrigen Pubs.
Die Geschichte von Guinness in Afrika beginnt in Dublin. Dort übernahm Arthur Guinness – seine Unterschrift schmückt bis heute jede Flasche und Dose des von ihm popularisierten Bieres – 1803 die Brauerei seines Vaters und begann, das Bier zu exportieren. Damit das Getränk lange Schifffahrten ohne grosse Geschmackseinbussen überstehen würde, musste eine neue Rezeptur her. Es entstand das West Indies Porter, das überall dorthin verschifft wurde, wo britische Soldaten stationiert waren. In den britischen Kolonien wurde es in grossen Mengen getrunken. Gebraut wurde auf den Britischen Inseln, aber das Abfüllen in Flaschen übernahmen Partner vor Ort.
Als Nigeria 1960 die Unabhängigkeit von den Briten erlangte, gingen die Kolonialherren, aber ihr Bier blieb. Zwei Jahre später wurde in Ikeja, im Bundesstaat Lagos, die erste Guinness-Brauerei ausserhalb Grossbritanniens eröffnet. Zwar war zuvor bereits eine Guinness-Brauerei in New York als erste offizielle Produktionsstätte in Übersee eröffnet worden, aber sie war bereits Mitte der Fünfzigerjahre geschlossen worden. Das Geschäft in Nigeria lief deutlich besser als in den USA, die Nachfrage wuchs stetig, und so wurde 1970 eine weitere Brauerei im benachbarten Kamerun eröffnet. Heute betreibt Diageo zwölf Guinness-Brauereien in Afrika, drei davon in Nigeria. Nur die Brauerei in Kamerun wurde vergangenen Juli an Castel verkauft.
Bestellt man heute in Nigeria ein Guinness, bekommt man nicht das gleiche Getränk wie in einem Schweizer Pub. Praktisch überall wird das Guinness Foreign Extra Stout ausgeschenkt, das auf derselben Rezeptur basiert wie das West Indies Porter. Mit 7,5% weist es einen deutlich höheren Alkoholgehalt auf als das in Europa verbreitete Guinness Draught mit seinen 4,2%. Statt aus Gerste wird es mit den auf lokalen Feldern wachsenden Mais oder Sorghum gebraut, und es unterscheidet sich auch im Geschmack. Während das malzige Röstaroma vorhanden ist, fehlt die bittere Süsse, wie man sie beim Guinness Draught kennt. Das Aroma fällt eher fruchtig aus. Zudem wird das Bier nicht gezapft und in Pint-Gläsern serviert, wie es in Europa üblich ist, sondern in Afrika trinkt man es meistens direkt aus der Glasflasche.
Guinness Nigeria hat zudem einen eigens kreierten Werbeträger: Michael Power, eine afrikanische Version des James Bond, der statt Martinis Guinness trinkt. Power ist so beliebt, dass er vor zehn Jahren sogar seinen eigenen Kinofilm bekam.
Gemäss dem jüngsten Geschäftsbericht hält der britische Getränkegigant Diageo 60% der Aktien von Guinness Nigeria, die unter dem passenden Ticker GUINNESS an der Börse in Lagos gehandelt werden. Zum Portfolio von Guinness Nigeria gehören neben Bier auch andere alkoholische Getränke, die Diageo weltweit vertreibt, zum Beispiel Baileys und der Whisky Johnny Walker.
Ein wichtiger Umsatztreiber ist ein Getränk, das ausserhalb Westafrikas kaum konsumiert wird: Malta Guinness, das ebenfalls aus Mais und Sorghum gebraut wird. Lanciert wurde es in den Achtzigerjahren und wird heute in elf – primär westafrikanischen – Staaten vertrieben. In Lagos wird das Malzgetränk an jeder Strassenecke und bei den häufig vorkommenden Staus auch zwischen den Autos von fliegenden Händlern verkauft – denn anders als das Bier Guinness ist Malta Guinness alkoholfrei.
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