ObjektivDiomedes
Zwischen den beiden in Sichtweite benachbarten Diomedes-Inseln in der Arktis verläuft die amerikanisch-russische Grenze – und auch die Datumsgrenze.

Die Insel links heisst Little Diomede, diejenige rechts, ein wenig fahler und ferner, Big Diomede. Vitus Bering, ein dänischer Seefahrer im Dienst des Zaren, erblickte die kahlen arktischen Eilande im August 1728. Der Kundschafter und Kartograf benannte sie kalendarisch, nach dem Tagesheiligen Diomedes von Tarsus, einem frühchristlichen Märtyrer. Bering erforschte damals die später nach ihm benannte Meeresstrasse zwischen Sibirien und Alaska, in deren Mitte eben die Diomedes-Inseln liegen. Sie sind der einzige Ort überhaupt, wo man von den USA aus Russland erblickt – und umgekehrt. Little Diomede ist amerikanisch, dort gibt es eine kleine Siedlung von Inuit (die angelten und jagten daselbst schon lange vor der Ankunft der Russen). Die nur etwa vier Kilometer entfernte russische Big Diomede heisst offiziell Ratmanow; die Urbevölkerung wurde während des Kalten Kriegs endgültig auf das sowjetische Festland umgesiedelt, um den kleinen Grenzverkehr mit dem Klassenfeind abzuklemmen. Zwischen den beiden frostigen Felsklötzen verläuft die Datumsgrenze: Wenn bei den Amerikanern noch Sonntag ist, haben die paar russischen Wetterbeobachter drüben bereits Montag. Da ist Russland den USA voraus.
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