Analyse zu den JahreszahlenEinige Novartis-Zugpferde schwächeln
Der Pharmakonzern legt gemischte Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vor. Beim Umsatz enttäuscht der Pharmakonzern, der Gewinn übertrifft die Erwartungen jedoch.

Umsatzmässig kommt Novartis 2022 nicht vom Fleck. Der Pharmakonzern verbuchte im vergangenen Jahr einen 2% rückläufigen Umsatz von 50,5 Mrd. $. Analysten rechneten mit rund 500 Mio. $ mehr. Bereinigt um Wechselkurseffekte ergäbe sich ein Anstieg um 4%, was am unteren Ende der eigenen Zielsetzung ist.
Insbesondere im Schlussquartal schwächte sich das Wachstum ab (zu konstanten Wechselkursen 3%), was nicht zuletzt auf die Generika-Konkurrenz von Gilenya zurückzuführen ist. Das Mittel gegen Multiple Sklerose nahm im letzten Jahresviertel 44% weniger ein im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode.


Operativ konnte Novartis 2022 den Kerngewinn um 8% auf 16,7 Mrd. $ steigern, was die Erwartungen der Analysten übertrifft. Unter dem Strich resultiert ein Gewinn von 7 Mrd. $, was deutlich weniger ist verglichen mit den 24 Mrd. $ vom Vorjahr. Der Grund für die starke Abweichung ist der Verkauf des Roche-Aktienpakets, das dem Konzern 2021 knapp 21 Mrd. $ einbrachte.
Da Novartis vergleichsweise breit aufgestellt ist, haben einzelne Medikamente per se nur einen geringen Einfluss auf das Ergebnis. Auffallend ist jedoch, dass von den zwanzig wichtigsten Produkten der Sparte Innovative Medicines die Hälfte mit sinkenden Einnahmen zu kämpfen hat. Novartis-CEO Vas Narasimhan bestätigte an der Medienkonferenz die Guidance, bis 2027 währungsbereinigt jährlich 4% zu wachsen. Analysten hingegen rechnen mit einem Wachstum von ca. 2% pro Jahr. Die operative Kerngewinnmarge der im Konzern verbleibenden Einheit Innovative Medicines soll bis dann 40% betragen. Aktuell liegt sie bei 36,9%. Falls absehbar wird, dass Novartis ihre Versprechen tatsächlich einhalten kann, dürften die Konsensschätzungen steigen.
Brustkrebsmittel nimmt Fahrt auf
Auf Ebene der einzelnen Produkte sind sowohl erfreuliche wie auch enttäuschende Entwicklungen auszumachen. Positiv überrascht Kisqali, aus dem im vergangenen Jahr endlich ein Blockbuster geworden ist. Das Brustkrebsmedikament generierte 2022 rund 1,2 Mrd. $, was zu konstanten Wechselkursen einem Anstieg von 38% entspricht. Das Mittel wurde in den USA bereits 2017 zur Behandlung von fortgeschrittenem Brustkrebs zugelassen, konnte aber nicht mit dem Medikament Ibrance von Pfizer mithalten, welches 2021 einen Umsatz von über 5 Mrd. $ erzielte. Dies soll sich laut Victor Bulto, Leiter des US-Geschäfts von Innovative Medicines, inzwischen geändert haben.
Bevor Novartis Kisqali lancierte, war Ibrance das einzige Mittel, welches den Patientinnen zur Verfügung stand. Die Überlegenheit von Kisqali zeigte sich jedoch erst, nachdem weitere Studienresultate veröffentlicht wurden. «Kisqali verzögert nicht nur das Fortschreiten der Erkrankung, sondern erzielt im Gegensatz zu Ibrance auch einen Gesamtüberlebensvorteil», sagt Bulto gegenüber FuW. «Im vergangenen Jahr beobachteten wir deswegen einen starken Meinungswandel in Bezug auf Kisqali, was dazu führte, dass dieses heute bei Neuverschreibungen mit Ibrance mithalten kann.»
Das Medikament wird derzeit auch bei Brustkrebs im Anfangsstadium getestet. Für das zweite Halbjahr stehen die Ergebnisse der Phase-III-Studie an, was der wichtigste Treiber für Novartis in diesem Jahr sein wird. Läuft alles nach Plan, wartet auf Kisqali laut der US-Grossbank Morgan Stanley ein zusätzliches Umsatzpotenzial von 6 Mrd. $. Gut entwickelt hat sich auch Entresto, das zweitgrösste Medikament von Novartis. Der Umsatz des Herzmittels kletterte 2022 37% auf 4,6 Mrd. $. Erfreulich verläuft zudem die Markteinführung von Kesimpta. Das Multiple-Sklerose-Mittel legte 200% zu und ist nun ein Blockbuster mit einem Umsatz von 1,1 Mrd. $.

Cholesterinsenker enttäuscht einmal mehr
Die Markteinführung von Leqvio verläuft mit Einnahmen von etwas über 40 Mio. $ weiterhin schleppend. Analysten gingen von einem dreimal so hohen Betrag aus. Der Cholesterinsenker ist ein wichtiger Hoffnungsträger für Novartis. An der JPMorgan Health Konferenz im Januar betonte CEO Narasimhan, dass die Markteinführung von Leqvio mit jener des Herzmittels Entresto vergleichbar sei, erwähnte aber auch, dass er davon ausgehe, dass das Mittel ab 2031 von den Preisverhandlungen mit der US-Regierung betroffen sein könnte, die nach der Verabschiedung des Inflation Reduction Act auf die Branche zukommen werden. Die Diskrepanz zwischen den Erwartungen von Novartis und der Analystengemeinde betreffend das Mittel ist einer der Hauptgründe für die am Markt tiefer prognostizierte Wachstumsrate.
Auch Cosentyx, der wichtigste Umsatzpfeiler von Novartis, verfehlt die Erwartungen, was insbesondere vom Umsatzschwund im letzten Quartal herrührt. Der Rückgang basiert laut Bulto auf einem Einmaleffekt wegen Rabatten, die an Versicherer in den USA gewährt werden. «Wir schätzen laufend ein, welcher Anteil von Patienten welchen Rabatt erhält, erfahren die wirklichen Zahlen jedoch mit einer Verzögerung von einem halben Jahr. Zuletzt mussten wir eine grössere Anpassung nach unten vornehmen.» Gemäss Bulto wird der Umsatz von Cosentyx dieses Jahr auf dem Vorjahresniveau liegen. Für 2024 erwartet er dann wieder ein Wachstum. «Für den US-Markt erwarten wir dieses Jahr den Zulassungsentscheid für eine weitere Indikation, gleichzeitig werden wir eine zusätzliche Darreichungsform (intravenös) auf den Markt bringen, was zum weiteren Wachstum beitragen wird», sagt Bulto.
Kaufempfehlung bleibt
Operativ konnte Novartis 2022 den Kerngewinn um 8% auf 16,7 Mrd. $ steigern, was die Erwartungen der Analysten übertrifft. Unter dem Strich resultiert ein Gewinn von 7 Mrd. $, was deutlich weniger ist verglichen mit den 24 Mrd. $ vom Vorjahr. Der Grund für die starke Abweichung ist der Verkauf des Roche-Aktienpakets, das dem Konzern 2021 knapp 21 Mrd. $ einbrachte.
Der Novartis-Verwaltungsrat schlägt – wie von FuW angenommen – eine Dividendensteigerung um 10 Rp. auf 3.20 Fr. vor, was einer Dividendenrendite von knapp 4% entspricht. Novartis beabsichtigt auch in Zukunft, die Dividende jährlich zu steigern. Nach dem für das zweite Halbjahr geplanten Spin-off von Sandoz werde das Niveau der Dividende zudem nicht korrigiert.
Alles in allem betrachtet ist der vorgelegte Zahlenkranz relativ unspektakulär. Die Papiere haben am Mittwoch – im Einklang mit den Genussscheinen der Lokalkonkurrentin Roche – mit Abgaben reagiert. Am Nachmittag waren die Titel der Pharmaschwergewichte mit einem Minus von über 2% die Schlusslichter im FuW Swiss 50. FuW belässt die Einschätzung wegen dem Potenzial für Aufwärtskorrekturen beim Analystenkonsens unverändert auf «Kaufen».
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Aktien-Alert
Von ABB bis Züblin – erhalten Sie sofort eine E‑Mail, sobald ein neuer Artikel zum Unternehmen Ihrer Wahl erscheint.
Um diesen Service zu nutzen, müssen Sie sich einloggen oder registrieren.