Kampf gegen die TeuerungEZB hebt Leitzins um weitere 0,5 Prozentpunkte an
Die Europäische Zentralbank setzt trotz der abflauenden Inflation ihren Straffungskurs weiter fort und kündigt bereits die nächste Anhebung an.

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich mit einer erneuten Zinserhöhung gegen die hohe Inflation und stellt schon für März die nächste Anhebung in Aussicht. Die Währungshüter beschlossen am Donnerstag, wie schon im Dezember die Schlüsselsätze um einen halben Prozentpunkt nach oben zu setzen. Der an den Finanzmärkten massgebliche Einlagensatz, den Geschäftsbanken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt dadurch auf 2,50%. Zugleich stellte die EZB für März eine weitere Anhebung um einen halben Prozentpunkt in Aussicht. Dann soll der weitere Kurs bewertet werden.
«Wir wissen, dass wir noch einen Weg vor uns haben. Wir wissen, dass wir noch nicht fertig sind», sagte Notenbankchefin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss. Die Entschlossenheit der Notenbank, ihr mittelfristiges Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen, solle nicht bezweifelt werden. «Der Preisdruck bleibt stark, zum Teil weil die hohen Energiekosten auf die gesamte Wirtschaft übergreifen.»
«Die EZB findet an der Zinsschraube immer mehr Gefallen», sagte Alexander Krüger, Chefökonom bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Mit dem Zinsschritt klopfe sie am konjunkturrestriktiven Zinsbereich an. Die Kapitalmärkte drängten die Notenbanken schon wieder zu baldigen Zinssenkungen, aber zumindest die EZB bleibe standhaft bei ihrem Antiinflationskurs, erklärte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. «Die Notenbanken sollten dem Marktdruck selbst bei deutlich sinkenden Inflationsraten nicht nachgeben, denn die unterliegenden Inflationsgefahren bleiben wohl noch länger erhalten.»
Ins gleiche Horn stiess der Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Notenbanken sollten bei ihren Zinserhöhungen gegen die hohe Inflation nicht zu früh das Tempo rausnehmen. Sie sollten klar an die Finanzmärkte kommunizieren, dass es wahrscheinlich nötig werde, die Zinsen länger hoch zu halten, hiess es in einem am Donnerstag veröffentlichten IWF-Blog. Dies sei nötig, bis es ausreichend Belege dafür gebe, dass die Teuerung wieder unter Kontrolle sei.
Kerninflation bereitet sorgen
Die Teuerungsrate in der nach dem Beitritt Kroatiens auf 20 Länder angewachsenen Euro-Zone war im Januar auf 8,5% zurückgegangen nach 9,2% im Dezember. Die Rate schwächte sich damit den dritten Monat in Folge ab. Doch die Währungshüter geben noch keine Entwarnung. Denn die Kerninflation, in der schwankungsreiche Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak herausgerechnet sind, verharrte zuletzt bei 5,2%. Die EZB treibt die Sorge um, dass sich die hohe Inflation verfestigen könnte und die langfristigen Inflationserwartungen aus der Spur geraten.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte zuletzt unter anderem davor gewarnt. Andere Währungshüter wie etwa Italiens Notenbank-Chef Ignazio Visco hatten dagegen zuletzt ihre Sorge vor zu starken Zinserhöhungen zum Ausdruck gebracht. Zur März-Zinssitzung werden den Euro-Wächtern auch neue Inflations- und Konjunkturprognosen vorliegen, die für die Ausrichtung der Geldpolitik eine wichtige Rolle spielen.
Die Zinserhöhung beruht laut Lagarde auf einem breiten Konsens. Man habe gute Diskussionen im EZB-Rat geführt, sagte sie. Dabei habe es auch allgemeine Übereinstimmung darüber gegeben, dass angesichts des weiterhin hohen Inflationsdrucks die Absicht einer weiteren Zinserhöhung im März gerechtfertigt erscheine. Wie dies kommuniziert worden sei, habe jedoch nicht «volle Übereinstimmung» gefunden, räumte sie ein. «Jede Entscheidung ist Frucht eines Kompromisses.»
Konjunktur zuletzt besser als erwartet
Die Wirtschaft im Euro-Raum schlug sich zuletzt besser als gedacht und steuert damit vorerst nicht in Richtung einer Rezession. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) stieg von Oktober bis Dezember um 0,1% zum Vorquartal – Fachleute hatten dagegen mit einem Minus von 0,1% gerechnet. Im Sommer hatte das Wachstum noch bei 0,3% gelegen. Lagarde rechnet allerdings damit, dass die Konjunktur auf kurze Sicht schwach bleiben werde. Doch habe sich die Wirtschaft insgesamt widerstandsfähiger als erwartet erwiesen, merkte sie an.
Auf der anderen Seite des Atlantiks ist die Fed mit ihrem Zinserhöhungskurs noch weiter. Sie schaltete am Mittwoch angesichts einer abflauenden Inflation in den USA einen weiteren Gang zurück. Die Federal Reserve setzte den Schlüsselsatz lediglich um einen Viertel Prozentpunkt nach oben – auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75%. Fed-Chef Jerome Powell bekräftigte, dass fortlaufende Zinserhöhungen angemessen seien, um die Inflation zurück zur Zielmarke zu bewegen. Die Bank of England erhöhte den Leitzins am Donnerstag das zehnte Mal in Serie – um einen halben Prozentpunkte auf 4,0%.
REUTERS
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