Börsenbericht vom 24. März 2023Grossbanken ziehen Schweizer Börse ins Minus
Angeführt von den Grossbanken hat die Schweizer Börse die Talfahrt am Freitag fortgesetzt.

Der Schweizer Aktienmarkt hat die Sitzung vom Freitag deutlich tiefer beendet. Der Markt entwickelte sich laut Händlern auf breiter Front schwächer, schloss dann allerdings deutlich über den um die Mittagszeit erreichten Tagestief. Vor allem die anhaltenden Probleme im US-Bankensektor und der damit verbundene, erhöhte Stress im internationalen Finanzsystem hätten auf die Stimmung gedrückt, sagten Marktteilnehmer. US-Finanzministerin Janet Yellen etwa habe mit ihren jüngsten Aussagen, wonach die Regierung bei Bedarf weitere Massnahmen zum Schutz von Bankeinlagen unternehmen würde, die breite Verunsicherung an den Finanzmärkten jedenfalls in keiner Art und Weise ausräumen können.
Das vor allem auch, weil sie noch am Mittwoch habe verlauten lassen, dass es eine «pauschale» Einlagensicherung zur Stabilisierung des US-Bankensystems nicht geben werde. «Die Aufsichtsbehörden haben öffentlich hin und her über die Absicherung aller Einlagen in den USA diskutiert, wobei die US-Finanzministerin die Panik scheinbar mit noch mehr Panik zu bekämpfen versucht, indem sie sich widersprüchlich äusserte», meinte ein Händler. Heute standen allerdings vor allem europäische Grossbanken unter Druck. «Freitage stehen derzeit unter keinem guten Stern. Erneut bahnt sich ein Wochenende der Ungewissheit für die Anleger an», meinte der Händler lakonisch dazu.
Der FuW Swiss 50 Index schliesst 1,77% tiefer auf 2118,84 Punkten. Der SMI verlor bei Handelsschluss 0,79% auf 10'634,04 Punkte, im Tief gegen Mittag war er bis auf 10'562 Zähle gefallen. Damit beschloss der Leitindex die Woche gar 20 Punkte über dem Stand vom letzten Freitag. Der SPI büsste derweil 0,93% auf 13'938,74 Zähler ein.
Der SLI, in dem die defensiven Schwergewichte nicht mit dem ganzen Gewicht enthalten sind, fiel hingegen deutlich stärker, und zwar um 1,25% auf 1680,34 Zähler. Von seinen 30 Titeln schlossen 26 im Minus, drei im Plus und einer unverändert.
Am letzten Handelstag der Woche standen nicht nur UBS und CS, sondern vor allem die übrigen europäischen Grossbanken stark unter Druck, auch wenn sie im Nachmittagshandel und nach Beschwichtigungsversuchen diverser europäischer Exponenten einen Teil der Verluste wieder wettmachen konnten. Vor allem bei der Deutschen Bank waren die Verluste phasenweise deutlich zweitstellig. Mit dem Anstieg der sogenannten Credit Default Swaps (Kreditversicherungen) auf ein neues Vierjahreshoch erlebte sie ein ähnliches Phänomen, wie es bereits die Credit Suisse in den Wochen davor erleben musste. Neben der Deutschen Bank verzeichneten auch die Papiere der Commerzbank, der französischen BNP Paribas und Société Générale, der britischen Barclays oder der italienischen UniCredit herbe Verluste.
Hierzulande verloren die Aktien der UBS zum Schluss 3,6% auf 17.26 Fr., phasenweise waren sie auch wieder unter den Stand vom letzten Freitag (also vor der Übernahmeankündigung) bei 17.11 Fr. gerutscht. Die Papiere der CS notierten bei Handelsschluss 5,2% tiefer auf 0.7592 und damit etwas unter dem Umtauschverhältnis (1 UBS-Aktie pro 22.48 CS-Aktien).
Neben den Banken standen zum Teil aber auch Technologie- oder sonstige Industrietitel weit oben auf der Verliererliste. Ams Osram (-8,2%) etwa waren der grösste Verlierer und haben nach einem starken Jahresstart mittlerweile die ganzen Gewinne wieder eingebüsst. Die hohe Verschuldung setze diesen Aktien seit einiger Zeit ziemlich zu, sagte ein Händler. Der Sensorenhersteller werde deshalb für die Probleme im Bankensektor in Sippenhaft genommen.
Grosse Abgaben gab es aber auch bei Schindler (-5,8%), Temenos (-4,7%) oder ABB (-3,2%). Dass der SMI nicht noch deutlich stärker ins Minus rutschte, hatte er dagegen einmal mehr vor allem seiner defensiven Ausrichtung zu verdanken. So waren die drei Index-Schwergewichte Novartis (+0,7%), Roche (+0,02%) und Nestlé (unv.) weit vorne in der Rangliste zu finden. Knapp ins Plus schafften es auch Zurich (+0,6%). Hier dürfte wohl die hohe Dividendenrendite von 5,7% auf dem aktuellen Niveau stützend gewirkt haben, hiess es im Handel dazu.
Im breiten Markt waren vor allem kleinere Titel zuoberst in der Rangliste zu finden, wie etwa Achiko (-10,1%) und Addex (-9,0%) bei den Verlierern bzw. Igea (+9,1%) bei den Gewinnern. Bei den etwas grösseren Titeln waren Bellevue (-6,7%) oder Zur Rose (-5,8%) stärker unter Druck und Molecular (+4,2%) oder Autoneum (+4,0%) deutlicher gesucht.
New York: Verluste - Anleger sorgen sich um US-Bankenbranche
Der US-Bankensektor bereitet den Anlegern nach wie vor Sorgen. Die Wall Street und auch die technologielastigen Nasdaq-Börsen starteten am Freitag mit Verlusten in den Handel, verringerten diese dann jedoch etwas. Die Konjunkturdaten fielen gemischt aus. So sanken die Aufträge für langlebige Güter überraschend, während die Stimmungsdaten für die Industrie und Dienste (PMI) von S&P Global besser als erwartet ausfielen.
Der Dow Jones Industrial gab im frühen Handel um 0,32% auf 32 004,55 Punkte nach. Im Wochenverlauf deutet sich damit ein kleines Plus von einem halben Prozent an.
Der marktbreite S&P 500 verlor am Freitag 0,21% auf 3940,82 Zähler. Für den Nasdaq 100 ging es um 0,22% auf 12 700,33 Punkte nach unten, was im Wochenverlauf ein Plus von 1,5% bedeutet.
Am Vortag hatte US-Finanzministerin Janet Yellen ihre Bereitschaft erklärt, bei Bedarf weitere Massnahmen zum Schutz von Bankeinlagen zu ergreifen. Am Tag zuvor hatte sie einer «pauschalen» Einlagensicherung zur Stabilisierung des US-Bankensystems eine Absage erteilt. Die Unsicherheit hält indes weiter an: So bleibt der über die US-Notenbank Fed gedeckte Liquiditätsbedarf der Banken vergleichsweise hoch.
Dabei legte das Volumen bei dem neuen Programm (Bank Term Funding Program) im Vergleich zur vergangenen Woche massiv zu. Dieses Programm wurde erst jüngst im Zuge des Zusammenbruchs der kalifornischen Silicon Valley Bank und der New Yorker Signature Bank von der US-Notenbank geöffnet.
Unter den Regionalbanken starteten zahlreiche mit Verlusten in den Handel, einige erholten sich dann jedoch leicht. Die Aktien der First Republic Bank etwa verringerten ihr Minus vom Handelsauftakt auf 1,1%, während PacWest Bancorp und Western Alliance Bancorp ins Plus drehten und jeweils um rund eineinhalb Prozent stiegen.
Die grossen Banken indes verharrten in der Verlustzone. JPMorgan und Goldman Sachs gaben im Dow zwischen 2 und 3% ab. Im S&P 100 büssten Bank of America , Citigroup und Morgan Stanley bis zu 4% ein.
Die deutlich fallenden Ölpreise hinterliessen bei den grossen Öl- und Gaskonzernen ihre Spuren: Chevron im Dow verloren 1,1% und ExxonMobil und ConocPhillips im S&P 100 gaben jeweils rund 3% ab.
Im Nasdaq-Auswahlindex waren Activision Blizzard Favorit mit plus 5,6% und Microsoft legten um 0,3% zu. Die britischen Wettbewerbshüter haben nun weniger Bedenken gegen die geplante Mega-Übernahme der Videospiele-Firma durch den Softwarekonzern.
Bonds Schweiz: Fester - Anleger meiden Risiken
Die Schweizer Obligationenbörse tendiert am Freitag fester. Die Anleger seien verunsichert und mieden Risiken, heisst es am Markt. Davon profitierten die als mündelsicher geltende Anleihen wie die Obligationen der Eidgenossenschaft und anderer Topschuldner. Das Geschäft verläuft laut Händlern aber in ruhigen Bahnen.
Grund für das verstärkte Ansteuern der sicheren Häfen sind die Turbulenzen an den Finanzmärkten, wie es am Markt heisst. Vor allem um die US-Regionalbanken rankten sich die Befürchtungen, dass weitere Institute in Schieflage geraten könnten. US-Finanzministerin Janet Yellen habe mit ihren Äusserungen, wonach die Regierung bereit sei, bei Bedarf weitere Massnahmen zum Schutz von Bankeinlagen zu ergreifen, die verunsicherten Anleger nicht beruhigen können. Denn eine Zusage für eine «pauschale» Einlagensicherung zur Stabilisierung des US-Bankensystems gab sie indes nicht.
Zur Verunsicherung beigetragen habe auch die Übernahme der in Schieflage geratenen Credit Suisse durch die UBS. Hier wirke negativ nach, dass die CS im Zuge ihrer Rettung ihre AT1-Anleihen auf null abschreiben müsse. Dies führe dazu, dass solche Anleihen grundsätzlich unter Druck geraten seien. Und bei einzelnen Emittenten habe sich dies auch negativ auf die «Kreditausfallversicherungen» (CDS) ausgewirkt. «Die Folge ist: Die Marktteilnehmer meiden Risiken und das Motto lautet 'Risk off’», sagt ein Händler. Dies dürfte noch geraume Zeit so bleiben.
Obwohl die US-Notenbank Fed oder die Schweizerische Nationalbank (SNB) anlässlich der jüngsten Zinserhöhungen jeglichen Spekulationen auf ein baldiges Ende der geldpolitischen Straffung eine Absage erteilt haben, hätten die Märkte trotzdem begonnen, ihr Ende beziehungsweise gar schon eine Zinssenkung einzupreisen. Dies sorge zusätzlich für Auftrieb.
Mit Spannung warteten die Marktteilnehmer nun, wie die Pfandbriefbank der schweizerischen Hypothekarinstitute ihre nächste Emission durchführe. Bisher hatte die «Pfandbank» stets mehrere Anleihen emittiert. «Nun könnte es auch nur eine sein», sagt ein Händler. Dabei wären solche Anleihen «genau das richtige im aktuellen Umfeld», sagt der Händler. Kommende Woche wird auch der Kanton Tessin erwartet. Diese Emission sei zweimal verschobenen worden.
Der Juni-Kontrakt des Conf-Future notiert um 13.50 Uhr um 121 Basispunkte (BP) höher auf 143,90%. Der Umsatz beläuft sich auf 16 Kontrakte. Am Vortag hatte er um 49 BP zugelegt. Der für den Markt wegweisende Swiss Bond Index (SBI) gewinnt 47 BP auf 125,59%.
Von den 12 gehandelten Eidgenossen geben 2 nach und 10 legen zu. Die Rendite zweijähriger Anleihen der Eidgenossenschaft wurde zuletzt mit 1,018 und die der zehnjährigen mit 1,168% angegeben.
Der zehnjährige Kassazinssatz sinkt auf 1,054 von 1,105% am letzten Handelstag. Noch am Montag stand der Kassazins mit 0,765 auf dem tiefsten Stand seit August 2022.
Euro gibt zu Dollar und Franken nach - Verunsicherung steigt wieder
Die wieder gestiegene Verunsicherung an den Finanzmärkten hat den Euro am Freitag belastet. Am Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1.0754 $, nachdem sie am Morgen mit 1.0830 $ noch deutlich höher notiert hatte.
Auch zum Franken büsste der Euro klar an Wert ein. Das EUR/CHF-Währungspaar wurde am frühen Abend bei 0.9878 gehandelt nach 0.9935 am frühen Morgen. Das USD/CHF-Paar hingegen entwickelte sich relativ stabil und ging zuletzt bei 0.9183 um (Morgen: 0.9173).
Die Unruhe an den Finanzmärkten ist vor dem Wochenende wieder gestiegen. «Denn zum einen erschien bei den US-Regionalbanken das Vertrauen noch nicht ausreichend wiederhergestellt», sagte Dekabank Chefvolkswirt Ulrich Kater. «Zudem machten die Notenbanken deutlich, dass die jüngsten Friktionen nicht zu einer Umkehrung des geldpolitischen Straffungskurses führt.» Die Marktteilnehmer würden weniger eine umfassende Bankenkrise als vielmehr Einschränkungen bei der Kreditvergabe und den damit verbundenen Bremseffekten verbinden.
Die Unternehmensstimmung in der Eurozone ist unterdessen auf den höchsten Stand seit zehn Monaten gestiegen. Die Erholung des Einkaufsmanagerindex von S&P Global war aber nur durch den Dienstleistungssektor getrieben, während sich der Wert in der Industrie eintrübte. «Das Wachstum ist ziemlich ungleich verteilt, da es fast ausschliesslich von den Dienstleistern angekurbelt wurde», erklärte Chefvolkswirt Chris Williamson von S&P Global. Die Daten bewegten den Markt im aktuellen Umfeld nicht.
Als sicher geltende Währungen waren gesucht. So legte neben dem Dollar und dem Franken auch der japanische Yen zu. Unter Druck standen Währungen von Rohstoffländern wie Australien und Norwegen. Rohstoffpreise sinken derzeit wegen wachsender Konjunktursorgen.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0.87940 (0.88523) britische Pfund und 139.85 (142.87) japanische Yen fest.
Die Feinunze Gold wurde am Nachmittag in London bei 1991 $ gehandelt. Das waren etwa 2$ weniger als am Vortag.
Ölpreise geben nach - Verunsicherung nimmt zu
Die Ölpreise sind am Freitag angesichts der erneut gewachsen Verunsicherung an den Finanzmärkten gefallen. Am späten Nachmittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Mai 74.93 $. Das waren 96 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 82 Cent auf 69.13 $.
Die Ölpreise erholten sich jedoch von stärkeren Verlusten. So waren die Ölpreise am Mittag zeitweise um rund 3$ gefallen. Die Ölpreise hielten sich jedoch durchgehend über ihren 15-monatigen Tiefstständen, die sie am Montag erreicht hatten.
Die erneute Verunsicherung an den Finanzmärkten belastete auch die Ölpreise. Anhaltende Schwierigkeiten im Bankensektor könnten laut Ökonomen zu einer schwächeren Kreditvergabe führen und so die Konjunktur belasten. Dies würde auch die Nachfrage nach Rohöl dämpfen.
Rohstoffexpertin Barbara Lambrecht von der Commerzbank erklärte die fallenden Ölpreise damit, dass Anleger derzeit generell einen Bogen um riskantere Anlagen machten, zu denen auch Rohöl zählt. Zudem verwies sie auf Marktspekulationen über die künftige Förderpolitik des Ölverbunds Opec+, in dem auch Russland vertreten ist. Demnach sieht die Opec+ trotz jüngster Marktturbulenzen keine Notwendigkeit, die bestehenden Produktionsvereinbarungen zu ändern. Vielmehr wolle man wie vereinbart bis zum Jahresende an der aktuellen Produktionsmenge festhalten, sagte Lambrecht.
Goldpreis hält sich an der Marke von 2000 $
Der Goldpreis hat am Freitag seine jüngsten Kursgewinne gehalten und notierte weiter bei der Marke von 2000 $. Am Nachmittag wurde die Feinunze (rund 31,1 Gramm) an der Börse in London bei 1993 $ gehandelt und damit etwa auf dem gleichen Niveau wie am Vorabend. Im Verlauf der Handelswoche hatten Sorgen um den Bankensektor und die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Leitzinsen für starken Zulauf bei Anlagen gesorgt, die als sicher gelten. Hiervon konnte auch der Goldpreis profitieren.
Im Verlauf der Handelswoche ist der Preis für das Edelmetall mehrfach über die Marke von 2000 $ gestiegen und hat sich damit in Richtung des Rekordhochs bewegt, das zuletzt im Jahr 2021 bei 2075 $ erreicht worden war.
Vor dem Hintergrund der Kursentwicklung im Verlauf der Woche haben Rohstoffexperten der Commerzbank die Prognose für den Goldpreis angehoben. Zum Jahresende erwarten sie einen Preis von 2000 $ je Unze für das Edelmetall. Zuvor hatten sie 1950 $ erwartet.
AWP/REUTERS
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