Deutsche KonjunkturDeutsche Inflation sinkt im März auf 7,4%
Benzin- und Heizölpreise drücken die Inflation in Deutschland auf den tiefsten Stand seit August 2022.

Niedrigere Benzin- und Heizölpreise drückten die Inflation in Deutschland im März auf den tiefsten Stand seit sieben Monaten. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 7,4% mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Januar und Februar hatte die Teuerung noch jeweils bei 8,7% gelegen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem überraschend deutlichen Rückgang: «Wir werden, wenn diese Tendenz sich fortsetzt, eine Normalisierung der Energiepreise - Gas wie Strom – in den nächsten Monaten erleben», sagte er vor Journalisten in Berlin.
Auch Ökonomen sehen die Inflation nun definitiv auf dem Rückzug: «Das dürfte der erste Schritt eines nachhaltigen Abwärtstrends bei den Teuerungsraten in Deutschland sein», sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. «In den kommenden Monaten ist nun mit einem weiteren, kontinuierlichen Rückgang der Inflationsraten zu rechnen.» Entwarnung geben viele Experten dennoch nicht. «Ein Durchbruch bei der Inflationsbekämpfung ist das nicht», sagte der Chefökonom des Finanzhauses HQ Trust, Michael Heise. «Für den Verbraucher ist es im Grunde wichtiger, was von Monat zu Monat passiert.» Und hier sei die Teuerung noch immer recht hoch. Von Februar auf März zogen die Preise um 0,8% an.
Preistreiber Nummer eins blieben Nahrungsmittel: Sie verteuerten sich um durchschnittlich 22,3% im Vergleich zum März 2022 und damit stärker als im Februar mit 21,8%. «Das liegt vor allem daran, dass Gemüse offenbar aufgrund von Ernteausfällen einiger Lieferländer knapp geworden ist», sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. Energie kostete nur noch 3,5% mehr als vor einem Jahr, nach 19,1% im Februar. Dabei spielte ein günstiger Basiseffekt eine Rolle. So waren vor einem Jahr nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine die Energiepreise in die Höhe geschnellt. Nun werden sie erstmals mit den schon erhöhten Preisen verglichen, nicht mehr mit den niedrigeren vor Kriegsausbruch – das wird als Basiseffekt bezeichnet. In Nordrhein-Westfalen etwa verbilligten sich Kraftstoffe wie Benzin und Diesel um 19,3%, in Bayern um 17,1%.
«Neue Kostenwelle»
«Eine Entwarnung für die EZB ist das noch nicht», schränkte Ökonom Schmieding ein. Grund dafür ist die hartnäckig hohe Kerninflation, bei der die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden. Der Commerzbank zufolge ist sie im März sogar gestiegen, von 5,7 auf 5,9%. Das gilt als Zeichen dafür, dass die Inflation zunehmend in der Breite der Wirtschaft ankommt. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer gibt daher noch keine Entwarnung. «Der unterliegende Preisanstieg ist noch immer sehr hoch. Dabei dürfte es noch lange bleiben», sagte Krämer. «Schliesslich rollt mit dem absehbaren starken Anstieg der Löhne eine neue Kostenwelle auf die Wirtschaft zu.»
Nach den Worten von EZB-Direktorin Isabel Schnabel erweist sich die Kerninflation inzwischen als viel hartnäckiger als die Gesamtinflation. «Und natürlich verursacht das auch einige Kopfschmerzen für Notenbanker», merkte sie an. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in diesem Monat ihren Leitzins von 3,0 auf 3,5% erhöht, um die Inflation in der gesamten Euro-Zone einzudämmen.
Ökonomen zur deutschen Inflation
Jörg Krämer, Chefökonom Commerzbank: «Die Inflationsrate ist im März deutlich gefallen, weil der starke Anstieg der Energiepreise nach Beginn des Ukraine-Kriegs aus dem Vorjahresvergleich herausgefallen ist. Aber die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel ist nach unserer Schätzung weiter von 5,7% auf 5,9% gestiegen. Der unterliegende Preisanstieg ist noch immer sehr hoch. Dabei dürfte es noch lange bleiben. Schliesslich rollt mit dem absehbaren starken Anstieg der Löhne eine neue Kostenwelle auf die Wirtschaft zu. Viele EZB-Ratsmitglieder betonen zurecht, dass weitere Zinserhöhungen notwendig sind.»
Michael Heise, Chefökonom HQ Trust: «Für den Verbraucher ist es im Grunde wichtiger, was von Monat zu Monat passiert. Und hier ist die Teuerung noch immer recht hoch. Obwohl sich Kraftstoffe und Heizöl etwas verbilligt haben, ist das Preisniveau im März um 0,8% gegenüber Februar gestiegen. Klingt nicht nach viel, ist aber viel, wenn man es auf das Jahr hochrechnet. Positiv dürfte es sich auswirken, dass die Lieferengpässe und Materialknappheiten in vielen Bereichen überwunden sind, die in den vergangenen Jahren für beträchtliche Preissteigerungen gesorgt hatten. Zusammen mit den Preiskorrekturen an den Energiemärkten dürfte die Inflationsrate in den kommenden Sommermonaten in Richtung sechs Prozent und im vierten Quartal in Richtung vier Prozent tendieren.»
REUTERS
Fehler gefunden?Jetzt melden.