ObjektivKamelringen
In der Türkei sind Schaukämpfe zwischen Kamelbullen populär. Ähnlichkeiten mit dem gegenwärtigen Wahlkampf sind rein zufällig.

Im Wallis sind’s stramme, schwarze Eringerkühe, in der Türkei zottige, aufgeputzte Kamele, die zum Ergötzen des Publikums aufeinander losgehen. Im anatolischen Städtchen Selçuk, nahe der Ägäisküste, wird Jahr für Jahr ein Kamelkampffest begangen – der Kenner spricht von Kamelringen, «Deve güreşi». Hier sind freilich Bullen am Werk. Die bauernschlauen Züchter haben sie einer brünstigen Kamelkuh vorgeführt und so aggressiv gemacht. Gewonnen hat derjenige Bulle, der den anderen niederringt, abdrängt oder zum Schreien bringt. Gewöhnlich ist das Ringen nach wenigen Minuten entschieden. Derzeit läuft in der Türkei die Endphase des Wahlkampfs, nächsten Sonntag werden Parlament und Präsident neu bestimmt. Politiker seien natürlich nicht mit Kamelen verglichen oder, bewahre, umgekehrt; der Lockstoff ist auch nicht Erotik, sondern (allenfalls aphrodisierende) Macht. Von der mag Präsident Recep Tayyip Erdogan selbst nach zwanzig Jahren einfach nicht lassen. Die Opposition darf sich, angesichts von Wirtschaftskrise, Inflation und Folgen des Erdbebens, endlich berechtigte Hoffnungen machen, Erdogan niederzuringen und abzudrängen. Am Schreien ist er ja schon.
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