Konjunktur SchweizLeichtes BIP-Wachstum im Q1 zu erwarten
Analysten rechnen mit einem Wachstum des realen Bruttoinlandprodukts von 0,1 bis 0,3% zum Vorquartal.

Die Schweizer Wirtschaft dürfte im ersten Quartal 2023 leicht gewachsen sein. Eine Rezession im Gesamtjahr 2023 ist zwar nicht ganz auszuschliessen, aber aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich.
Von AWP befragte Analysten rechnen für die Periode von Januar bis März 2023 mit einem Wachstum des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,1 bis 0,3% zum Vorquartal, dies nach einer Stagnation im Schlussquartal 2022. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresabschnitt entspricht dies einem Plus von gut einem halben Prozent. Die genauen Zahlen werden vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am kommenden Dienstag (30.5.) publiziert.
Die Schweizer Wirtschaft scheine gemäss den verfügbaren Daten «ganz ordentlich» ins neue Jahr gestartet zu sein, meint etwa Raiffeisen-Ökonom Alexander Koch. So hätten die Detailhandelsumsätze zu Jahresbeginn zugelegt und die Kartenumsatzzahlen wiesen für den Dienstleistungssektor zumindest auf eine stabile Entwicklung hin. Die Industrieproduktion habe sich trotz rückläufiger Auftragseingänge ebenfalls robust entwickelt.
Milder Winter
Auch gemäss David Marmet von der ZKB dürfte der private Konsum positiv zum Wachstum beigetragen haben, nicht zuletzt weil die Arbeitsplatzsicherheit überdurchschnittlich hoch sei. Ausserdem habe der milde Winter dazu beigetragen, dass Europa hinsichtlich Energieversorgung besser über die Runden gekommen sei als befürchtet, was wiederum den Schweizer Aussenhandel gestützt haben sollte.
Allerdings gibt es auch BIP-Komponenten, die sich weniger stark entwickelt haben. So werden laut dem ZKB-Ökonomen der deutliche Zinsanstieg und die zukünftige konjunkturelle Unsicherheit auf den Investitionen gelastet haben. Florian Germanier von der UBS nennt die globale Abkühlung vor allem in der Industrie als bremsenden Faktor bzw. als Grund für das im langfristigen Vergleich unterdurchschnittliche Wachstumstempo.
Vor allem von den USA, der grössten Volkswirtschaft der Welt, gehen derzeit nur noch sehr geringe Impulse aus - viele Analysten erwarten wegen der starken Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed gar eine Rezession in der zweiten Jahreshälfte oder Anfang 2024. Die Entwicklung der US-Wirtschaft sei heute wohl das grösste Konjunkturrisiko für den Schweizer Aussenhandel, meint man denn auch bei der UBS. Und dieses Risiko habe sich in den letzten Monaten gar noch akzentuiert.
Neben den Zinserhöhungen werden etwa auch die Turbulenzen bei den amerikanischen Regionalbanken als Grund für eine weitere Abschwächung genannt, da sie sich auf die Kreditvergabe an Unternehmen negativ auswirken. Aber auch die Diskussionen um die US-Schuldenobergrenze haben nach Ansicht von Beobachtern das Potential, die Wirtschaft deutlich abzuschwächen.
Risiken eher abgenommen
Abgesehen davon hat die Zahl der Risiken für die hiesige Wirtschaft in den letzten Monaten aber eher abgenommen. So wurden etwa die strikten Covid-Vorschriften in China aufgehoben und die Probleme mit den Lieferketten haben sich verringert.
Entsprechend erwarten Experten auch keine ausgewachsene Rezession für dieses Jahr in der Schweiz. Zwar fehlten die globalen Wachstumsimpulse und insbesondere Industrie und Bauwirtschaft spürten die gestiegenen Finanzierungskosten, meint Marc Brütsch von Swiss Life Asset Management. Die Rezessionswahrscheinlichkeit für die Schweiz halte er aber für gering, vielmehr dümple die Konjunktur 2023 seitwärts vor sich her. Dies lasse sich auch am Index zur wöchentlichen Wirtschaftsaktivität des Seco ablesen.
Dem stimmt Claude Maurer von der Credit Suisse zu. Eine Rezession drohe nicht, meint er, auch wenn eine sogenannte technische Rezession in Form zweier negativer Quartale in Folge passieren könne. Der Arbeitsmarkt bleibe jedenfalls robust und die Zuwanderung rege, was den Konsum stütze. Und für die Industrie verbessere sich 2023 die Liefersituation, was die Produktion und die Investitionen stützen sollte.
Schweiz wird sich Entwicklung nicht entziehen können
Auch David Marmet von der ZKB rechnet nicht mit einer Rezession. Zwar dürften die Eurozone und die USA im zweiten Halbjahr 2023 eine milde Rezession durchlaufen und die Schweiz werde sich dieser Entwicklung nicht entziehen können.
Wie die Vergangenheit aber gezeigt habe, mache die Schweizer Wirtschaft die konjunkturellen Bewegungen dieser Regionen jeweils nur in gedämpfter Form mit - sowohl aufwärts wie auch abwärts. Dies hat seiner Meinung nach viel mit der Wirtschaftsstruktur (Stärke in nicht-konjunktursensitiven Sektoren wie Pharma, Medizintechnik) und den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu tun.
Gemäss einer Zusammenstellung von AWP rechnen Ökonomen für die Schweizer Wirtschaft im Gesamtjahr 2023 aktuell mit einem BIP-Wachstum von maximal 1%.
AWP
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