
Ersteinschätzung von Ivo Ruch um 7.30 Uhr
Die Lust auf Schokolade ist erstaunlich robust. Zwar spürt auch Lindt die eingetrübte Konsumentenstimmung, aber Lindorkugeln und Pralinen leisten sich die Leute auch dann, wenn der Druck auf das Portemonnaie grösser wird. Im zweiten Halbjahr betrug das organische Wachstum immerhin noch 9,3%, nach 12,3% im ersten Semester. Das zeigt auch, dass bei Schokolade die Preiselastizität gemeinhin weniger stark ausgeprägt ist als bei anderen Lebensmittelkategorien. Was bedeutet, dass im Anschluss an eine Preiserhöhung die Nachfrage eher erhalten bleibt.

Lindt widerspricht auch der anderswo gemachten Beobachtung, dass in Nordamerika die Lager gut gefüllt und die Kunden mit Bestellungen etwas zurückhaltend sind. Im Gegenteil: Sämtliche US-Tochtergesellschaften sind im Aufwind, womit der Turnaround im wichtigsten Schokoladenmarkt der Welt weitergeht. Enttäuschend ist hingegen das Abschneiden in Europa, wo die teils hohe Inflation offenbar stärker auf die Konsumlust drückt. So gesehen sind die Bestätigung der Gewinnmarge und der Ausblick auf die mittelfristigen Ziele positiv zu werten. Im laufenden Jahr dürfte der neue CEO Adalbert Lechner erstmals einen Umsatz von 5 Mrd. Fr. vermelden.
Die ausführliche Analyse lesen Sie hier.
(AWP)Lindt & Sprüngli ist 2022 etwas langsamer gewachsen als im Vorjahr. Nicht zuletzt dank der starken Erholung im US-Geschäft gelang dem Schokoladenhersteller vom linken Zürichseeufer in Lokalwährung aber erneut eine zweistellige Umsatzsteigerung.
In Franken stieg der Umsatz im vergangenen Jahr laut Mitteilung vom Dienstag um 8,4% auf 4,97 Mrd. Fr. und kratzte damit an der 5-Milliarden-Marke. Organisch - also ohne Wechselkurseffekte - ergab sich ein Wachstum von 10,8%.
Damit ist Lindt zwar wieder etwas langsamer gewachsen als Jahr davor. Die Vergleichszahlen sind allerdings von Corona etwas verzerrt: 2021 hatte Lindt nämlich organisch um rekordverdächtige 13,3% zugelegt, dies nach einem extrem schwachen Coronajahr mit starkem Umsatzrückgang 2020.
Mit den vorgelegten Zahlen liegt das Unternehmen auch leicht über der eigenen Erwartung von 8 bis 10% Wachstum. Von AWP befragte Analysten hatten derweil im Schnitt mit einer Wachstumsrate von 10,0% gerechnet.
Starkes US-Geschäft und schwaches Europa
Dieses Resultat gelang nicht zuletzt dank eines starken US-Geschäfts. Die dortigen Aktivitäten haben im Berichtsjahr mit 2,03 Mrd. Fr. über 40% zum Umsatz beigetragen - das war zuletzt 2016 der Fall. Dabei seien alle drei US-Tochtergesellschaften - Lindt, Ghirardelli und Russell Stover - zweistellig gewachsen, betont Lindt im Communiqué.
Das sind insbesondere deshalb gute Neuigkeiten, weil die amerikanische Tochter Russell Stover zuletzt jeweils etwas geschwächelt hatte. Selbst bei der Vorlage der Halbjahresergebnisse im vergangenen Sommer hatte es noch geheissen, die Umsätze von Russell Stover bewegten sich ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres.
Gute Festtags- und Onlineverkäufe
Lindt weist in der Mitteilung zudem darauf hin, dass die Festtage gut gelaufen seien. Diese sind für einen Premiumschokoladenhersteller wie Lindt ganz besonders wichtig. Die wichtigste Produktlinie der Marke Lindt - Lindor - sei in der Folge über alle Märkte hinweg stark gewachsen.
Zudem habe man die Herausforderungen des Berichtsjahres, das von einem eingetrübten wirtschaftlichen Umfeld aufgrund der geopolitischen Unsicherheiten verbunden mit schlechter Konsumentenstimmung geprägt war, dank guter Zusammenarbeit mit Handelspartnern und jederzeit gewährleisteter Liefersicherheit gut meistern können. Auch das Onlinegeschäft wird als gut beschrieben.
Europa schwächer als erwartet
Die grösste Region für Lindt, Europa, wuchs hingegen mit 5,3% weniger stark als erwartet. Die von AWP befragten Analysten hatten im Schnitt mit einer organischen Umsatzzunahme von 6,8% gerechnet. In Schweizer Franken ergab sich mit 2,30 Mrd. gegenüber 2,33 Mrd. im Vorjahr sogar ein kleines Minus.
Gewinnzahlen gibt Lindt & Sprüngli aktuell noch nicht bekannt - sie werden dann bei der Jahresbilanz im Frühling veröffentlicht. Doch das Unternehmen bestätigt in der Mitteilung bereits die angepeilte Ebit-Marge von rund 15%. Man sei zuversichtlich, diese zu erreichen.
Für das im inflationären Umfeld wiederum anspruchsvolle Geschäftsjahr 2023 plane man im Rahmen der unveränderten mittel- bis langfristigen Zielsetzung ein Umsatzwachstum von 6 bis 8% pro Jahr mit einer Verbesserung der operativen Gewinnmarge von 20 bis 40 Basispunkten, heisst es weiter.
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Ersteinschätzung zu den Verkaufszahlen – Lindt & Sprüngli kratzt an der Schwelle zu 5 Mrd. Umsatz
Der Schokoladenhersteller verkauft deutlich mehr, enttäuscht aber in Europa.