Börsenbericht vom 22. Februar 2023Schweizer Börse schliesst knapp im Plus
Der Morgen am Schweizer Aktienmarkt war von trüber Stimmung geprägt. Diese verbesserte sich am Nachmittag und frühen Abend stetig.

Der Schweizer Aktienmarkt hat am Mittwoch nach einem schwachen Start die Verluste nicht nur wettmachen, sondern auch leicht zulegen können. Die Geldpolitik war laut Händlern das Topthema am Markt. Nach den durch Zinssorgen ausgelösten Verlusten an der Wall Street vom Vortag sei bei den Marktteilnehmern vor der Veröffentlichung des Protokolls (um 20.00 Uhr MEZ) der jüngsten US-Notenbanksitzung eine gewisse Vorsicht zu beobachten gewesen, hiess es. Denn davon würden neue Hinweise über die künftige Marschrichtung des Fed erhofft. «Vor allem, nachdem sich zuletzt viele Fed-Leute falkenhaft geäussert hatten», sagte ein Händler.
Die Anleger sorgten sich, dass das Fed die Zinsen weiter anheben und sie längere Zeit auf einem erhöhten Niveau halten muss. Die Märkte fragten sich, ob es schlussendlich zu einer harten oder einer sanften Landung der Wirtschaft komme. Denn ungeachtet einer Reihe positiver Konjunkturindikationen beginne die verschärfte Geldpolitik nämlich zu wirken, sagte ein Händler. Dies führe zu einem Cocktail aus Inflations- und Zinssorgen, der immer mehr auch mit Konjunkturängsten angereichert werde. Dazu kämen eintrübende Quartalsberichte und zunehmende geopolitische Spannungen.
Der FuW Swiss 50 Index schliesst um 0,22% auf 2225,89 Punkte. Der SMI, der sich zwischen 11'198 und 11'334 Punkten bewegte, schloss um 0,16% höher auf 11'300,29 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gewann 0,14% auf 1783,20 und der breite SPI 0,12% auf 14'521,61 Zähler. 15 Gewinnern standen im SLI 14 Verlierer gegenüber. ABB waren unverändert.
Angeführt wurden die Gewinner im SLI von Schindler (PS: +8,5%). Der Lift- und Rolltreppenhersteller wurde im vergangenen Jahr von der Talfahrt in China, Lieferkettenproblemen und der Teuerung zwar gebremst. Insgesamt übertraf Schindler jedenfalls die Markterwartungen. Damit könnte die Aktie die Erholung fortsetzen, nachdem der Kurs im Vorjahr 30% verloren hatte.
Höher bewertet wurden auch die Aktien der defensiven Swisscom (+2,0%), von Givaudan (+1,4%), Kühne + Nagel (+0,7%) und von Lonza (+0,5%). Zu den Gewinnern zählten zudem die arg gebeutelten Aktien der Credit Suisse (+2,3%), die sich nach dem Vortagestaucher auf ein neues Rekordtief wieder etwas gefangen hätten, wie Händler sagten.
Als Marktstützen erwiesen sich einmal mehr die Schwergewichte Nestlé (+0,7%) und Novartis (+0,5%). «Wenn Technologie unter Druck steht, ist defensiv wieder mehr gefragt», sagte ein Händler. Dies stabilisiere den Markt. Roche (-0,1%) rutschten kurz vor zum Schluss leicht ab.
Auf der anderen Seite verbuchten bei den Bluechips die Technologie- und Wachstumswerte Einbussen. Denn bei ihnen lösten Zinssorgen gleich Wachstumssorgen aus, hiess es am Markt. So sackten Logitech um 3,6% ab. Sie wurden von einer Rating- und Kurszielsenkung der UBS noch zusätzlich belastet. Das Umfeld werde rauer und schwieriger, so UBS.
Dahinter folgten Straumann (-2,9%). Sie wurden auch am Tag nach der Zahlenvorlage gemieden. Dabei kamen Zahlen und vor allem der Ausblick bei den Analysten nicht schlecht an. Aber Straumann seien im laufenden Jahr halt bereits kräftig gestiegen.
Auch UBS (-1,3%), VAT (-1,1%), Swatch (-0,8%), Sonova (-0,8%) und AMS Osram (-0,5%) und Partners Group (-0,5%) gaben nach. Auch hier sprachen Händler von Gewinnmitnahmen nach dem guten Lauf seit Jahresanfang.
Die Aktien von Richemont (-0,2%) schwächten sich leicht ab. Am Dienstag hatten Gerüchte, LVMH sei an Richemont interessiert, zeitweise für ein sattes Kursplus gesorgt. Händler äusserten sich dazu allerdings skeptisch.
In den hinteren Reihen reagierten die Aktienkurse auf die Neuigkeiten der Unternehmen. So legen Medmix (+3,9%) und Montana Aerospace (+2,8%) nach Zahlen zu. Dagegen brachen Siegfried (-10%) nach Bilanzvorlage ein. In ihrem Fahrwasser verloren Polypeptide 5,2%. Beim Höhenflieger Newron (-14%) kam es ebenfalls es zu Gewinnmitnahmen.
Aktien New York: Keine Entlastung - Indizes geben Gewinne ab
Die US-Börsen haben am Mittwoch ihren anfänglichen Stabilisierungsversuch aufgegeben. Der Dow Jones Industrial notierte nach knapp einer Stunde nur wenig verändert mit 33’150,89 Punkten. Der technologielastige Nasdaq 100 drehte ins Minus und verlor 0,15% auf 12 042,10 Zähler. Der breit gefasste S&P 500 stand 0,07% tiefer bei 3994,52 Punkten. Am Vortag nach dem verlängerten Wochenende hatten anhaltende Zinssorgen die Indizes bereits belastet.
Laut dem Investmentexperten Mark Haefele von der UBS sind die Anleger derzeit besorgt, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen weiter anheben und sie längere Zeit auf einem erhöhten Niveau halten muss. Anleger dürften deshalb das später anstehende Protokoll der jüngsten Fed-Sitzung kritisch verfolgen. Die Märkte seien gefangen in der Ungewissheit, ob es vor dem Hintergrund der hohen Inflation und steigender Zinsen zu einer harten oder einer sanften Landung der Wirtschaft komme, schrieb Haefele.
Auch zunehmende geopolitische Spannungen und sich eintrübende Quartalsberichte gelten am Markt als Stimmungsbremsen, die jeden Optimismus hinsichtlich der Wiedereröffnung Chinas überlagern. Im Russland-Ukraine-Krieg sei vorerst nicht mit einer Entspannung zu rechnen, hiess es im wöchentlichen Bernecker-Aktionärsbrief nach den jüngsten Reden von Wladimir Putin und Joe Biden. Den Märkten werde der Krieg noch lange als Stör- und Unsicherheitsfaktor erhalten bleiben.
Aktienseitig positiv auffällig waren zur Wochenmitte unter den Tech-Werten an der Nasdaq Palo Alto , die um fast elf Prozent in die Höhe schnellten. Börsianer sprachen von «sehr starken» Quartalszahlen des IT-Sicherheitsunternehmens. Analyst Brian Essex von JPMorgan lobte das Ergebnis in einem Umfeld schwieriger konjunktureller Bedingungen.
Für Schlagzeilen sorgten auch die beendeten Gespräche des Medienkonzerns News Corp mit dem Immobiliensektor-Informationsdienst Costar über die Tochter Move Inc, die ein US-Immobilienportal betreibt. Beide Aktien litten darunter: News Corp büssten 2,6% ein, Costar 5,3%. Bei letzterer kam ein enttäuschender Ausblick als Belastung hinzu.
Die Papiere der Kryptobörse Coinbase schwankten nach Zahlen für das vierte Quartal stark, zuletzt standen sie rund ein Prozent tiefer.
Bonds Schweiz: Zinssorgen bremsen
Die Schweizer Obligationenbörse hat am Mittwoch nach einem schwächeren Start die Verluste wieder aufgeholt. Allerdings dämpfen die aufgefrischten Zinssorgen das Geschäft. Immer mehr Marktteilnehmer erwarten, dass die Zinsen noch weiter steigen und dann auch länger auf dem erhöhten Niveau bleiben werden.
Im Verlauf hat Frankreichs Notenbankchef und EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau laut Händlern die Sorgen aber wieder ein wenig dämpfen können. Er sagte der Zeitung «Les Echos», die EZB sei nicht dazu verpflichtet, ihren Leitzins auf jeder Sitzung anzuheben. Die Leitzinsen befänden sich bereits in einem die Wirtschaft bremsenden Bereich. Dies gelte erst recht, wenn die Zinsen - wie bereits signalisiert - im März erneut stiegen.
Das Ifo-Geschäftsklima in Deutschland hat derweil die Erwartungen leicht enttäuscht. Es stieg zwar um einen Punkt auf 91,1 Zähler, was aber kein Grund zum Feiern sei, hiess es. Die Wirtschaft könnte demnach ein weiteres Quartal der Kontraktion erleben, sagten Analysten. Zudem dürften die anziehenden Zinsen zunehmend die Wirtschaft bremsen.
Hinweise auf die weitere Zinsentwicklung erhoffen sich Marktteilnehmer nun heute Abend, wenn das Fed das Protokoll der Sitzung vom 1. Februar veröffentlicht. Daraus werden mögliche Hinweise auf den künftigen Kurs erwartet. Fraglich ist, wie weit das Fed seine Leitzinsen noch anheben will.
Von der US-Notenbank werden inzwischen laut Händlern bis zu drei weitere Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte (BP) erwartet. Auch hierzulande signalisieren die Futures, dass die Schweizerischen Nationalbank (SNB) den Leitzins um bis zu 75 BP erhöhen könnte. Vor nicht allzu langer Zeit schwankten Prognosen für den März-Termin noch zwischen einer Anhebung um 25 oder 50 BP.
Der Primärmarkt wurde am Berichtstag bisher nicht beansprucht. Am Vortag hatte die Pfandbriefzentrale der schweizerischen Kantonalbanken mit drei Tranchen 860 Mio. Fr. aufgenommen. Dabei seien vor allem die mittlere und die lange Tranche sehr stark gelaufen. Dies zeige, dass bei AAA-Schuldnern Renditen über 2% sehr viele Anleger anzögen.
Der März-Conf-Future notiert um 13.30 Uhr um 22 BP tiefer auf 139,68%, gehandelt sind bisher zwölf Kontrakte. Am letzten Handelstag hatte der Conf 43 BP verloren. Der für den Markt wegweisende Swiss Bond Index legt nach früher Schwäche 5 BP zu auf 123,97 Prozent nach -33 BP am Vortag.
Unter den bislang gehandelten Eidgenossen überwiegen die Kursverlierer klar. Die Rendite zweijähriger Anleihen der Eidgenossenschaft wurde zuletzt mit 1,182 und die der zehnjährigen mit 1,476% angegeben.
Der zehnjährige Kassazinssatz steigt auf 1,442 von 1,376% am Vortag. Dies ist der höchste Stand seit dem 3. Januar.
Eurokurs kaum verändert - Ifo-Daten belasten nur zeitweise
Der Kurs des Euro hat sich am Mittwoch wenig bewegt. Am späten Nachmittag wird die Gemeinschaftswährung bei 1,0643 $ gehandelt und damit etwa auf dem gleichen Niveau wie am Morgen.
Zum Franken hat der Euro leicht angezogen auf aktuell auf 0,9890 Fr. nach 0,9874 Fr. im frühen Geschäft. Der Dollar kostet mit 0,9294 Fr. ebenfalls etwas mehr als noch am Morgen mit 0,9266 Fr.
Am Vormittag war der Eurokurs zeitweise auf ein Tagestief bei 1,0625 $ gefallen. Zuvor war zwar bekannt geworden, dass sich das Ifo-Geschäftsklima im Februar weiter verbessert hat. Der Anstieg des wichtigsten Konjunkturindikators in der grössten Volkswirtschaft der Eurozone ist aber weniger deutlich ausgefallen als am Devisenmarkt erwartet worden war.
Zudem wurde darauf verwiesen, dass die vom Ifo-Institut befragten Unternehmen ihre aktuelle Lage erneut schlechter eingeschätzt hätten. "Der zweite Rückgang der aktuellen Einschätzungen in Folge deutet darauf hin, dass die Wirtschaft ein weiteres Quartal der wirtschaftlichen Kontraktion erleben könnte", sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank.
Gebremst wurde der Euro auch durch Äusserungen aus den Reihen der EZB, die auf weniger stark steigende Zinsen hindeuten. Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau sagte der Zeitung «Les Echos», die EZB sei nicht dazu verpflichtet, ihren Leitzins auf jeder Sitzung anzuheben. Die Leitzinsen befänden sich bereits in einem restriktiven Bereich, was die Wirtschaftsleistung bremst, sagte das EZB-Ratsmitglied.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,87945 (0,87925) britische Pfund und 143,24 (143,76) japanische Yen fest.
Die Feinunze Gold wurde am Nachmittag in London mit 1833 Dollar gehandelt. Das waren etwa zwei Dollar weniger als am Vortag.
Ölpreise sinken erneut
Die Ölpreise haben am Mittwoch merklich nachgegeben und so an die Verluste vom Vortag angeknüpft. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im April kostete zuletzt 81,08 $. Das waren 2,04 $ weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 2,02 $ auf 74,34 $.
Am Ölmarkt werden die Notierungen weiter von der Aussicht belastet, dass die US-Notenbank Federal Reserve ihren Kampf gegen die Inflation intensiver fortsetzen könnte als bisher erwartet. Hintergrund sind die bislang stabile Wirtschaftslage und die zuletzt nur moderat rückläufige Inflation. Am Abend steht die Veröffentlichung des Protokolls zur jüngsten Zinssitzung auf dem Programm, von dem sich Anleger Hinweise auf die weitere Geldpolitik erhoffen.
Steigende Leitzinsen sind zwar ein Mittel gegen hohe Teuerungsraten, sie verlangsamen aber auch das Wirtschaftswachstum. Darunter leidet in aller Regel auch die Energienachfrage, weshalb Erdöl meist mit Preisabschlägen auf eine straffere Geldpolitik reagiert. Hinzu kommt, dass der Dollar von steigenden US-Zinsen in aller Regel profitiert. Das in Dollar gehandelte Rohöl wird dadurch wechselkursbedingt vielerorts teurer, was zusätzlich auf der Nachfrage lastet.
AWP/REUTERS
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