Börsenbericht vom 6. Dezember 2022Schweizer Börse gibt nach
Die Schweizer Börse ist am Dienstag abgerutscht. Die Anleger warten auf die Zinsentscheidungen in der kommenden Woche.

Die Schweizer Aktienbörse hat am Dienstag nachgegeben. Dabei fielen die Aktien nach einer knapp gehaltenen ersten Sitzungshälfte aus ihrem Seitwärtstrend heraus und gerieten unter Druck. Parallel dazu nahmen laut Händlern die Aktivitäten zu. Die Anleger seien wieder stärker verunsichert, denn nach einer Reihe besser als erwartet ausgefallener US-Konjunkturdaten seien die Sorgen über eine aggressivere US-Zinspolitik aufs Parkett zurückgekehrt, hiess es weiter.
Daher hätten sich die Anleger vor den kommende Woche anstehenden Zinsentscheidungen der US-Notenbank Fed und der Schweizerischen Nationalbank vorsichtig verhalten. Denn die Notenbanken dürften letztlich wohl darüber entscheiden, ob es zu einem Jahresend-Rally komme oder nicht. «Wir haben wohl seit Jahren nicht mehr so auf die Zentralbanken geblickt, wie wir dies seit diesem Sommer tun», sagte ein Händler. Daher sei es nach der starken Erholung im Oktober und im November nun auch zu Gewinnmitnahmen gekommen. Mit dem grossen Jahresendverfall an der Eurex stehe kommende Woche ausserdem noch ein weiteres kursbewegendes Ereignis im Kalender.
Möglicherweise gibt es an der Schweizer Börse Six bald ein weiteres Zertifikat auf China-Aktien (GDR). Gemäss Informationen der FuW plant Huayou Cobalt die Kotierung solcher Papiere. Das Unternehmen ist ein in der Nähe von Schanghai sitzender Förderer des Minerals Kobalt.
Der FuW Swiss 50 Index schloss um 1,68% tiefer auf 2081.54 Punkte. Der SMI schloss um 0,76% tiefer auf 11'109,33 Punkten, jedoch klar über dem Tagestief von 11'085 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fiel um 1,02% auf 1694,73 und der breite SPI um 0,79% auf 14'158,79 Zähler. 25 SLI-Werte schlossen tiefer und vier höher. Zurich waren unverändert.
Zu den wenigen Gewinnern, die dem SMI eine kleine Stütze gaben, zählten die Anteile des Nahrungsmittelriesen Nestlé (+0,3%), die damit einen Teil der Vortageseinbusse aufholen konnten.
Fester schlossen ausserdem Swisscom (+1,3%) und die beiden Luxusgüterwerte Richemont (+1,0%) und Swatch (+0,5%). Novartis (-0,6%) dagegen, die zunächst noch an den positiven Trend vom Vortag anschliessen konnten, rutschten im Verlauf in die Verlustzone. Roche (-1,4%), ein weiteres SMI-Schwergewicht, standen deutlich unter Druck.
Grösster Verlierer bei den Blue Chips waren einmal mehr die Aktien von AMS Osram (-8,8%), die von Oddo BHF abgestuft wurden. Dazu kam noch die schwache Performance der US-Börse Nasdaq, hiess es. «Zinsängste lassen grüssen», meinte ein Marktbeobachter. Dies gelte auch für andere Technologie- und Wachstumswerte wie Temenos (-3,5%), VAT (-3,1%) und Logitech (-1,9%) sowie Straumann (-3,0%), Sonova (-2,0%) und Lonza (-3,5%).
Bei Lonza komme erschwerend hinzu, dass Biontech und Pfizer eine Gegenklage gegen den Lonza-Partner Moderna eingereicht hätten, hiess es am Markt. Sie verlangten eine Abweisung der Klage von Moderna und die Ungültigerklärung der Moderna-Patente. Dies steht im Zusammenhang mit den Corona-Impfstoffen. Lonza stellt für Moderna den Wirkstoff her.
Zyklische Papiere wie SGS, ABB, Adecco, Geberit und Sika büssten zwischen rund 1,5 und 0,7% ein.
Im Minus schlossen zudem die Aktien der Credit Suisse (-2,6% auf 2,956 Fr.). Damit hat sich die Aktie im Späthandel noch klar vom Tagestief bei 2,771 Franken lösen können. Nach Ansicht von Händlern kam der Druck auf die CS-Aktie erneut über die Kapitalerhöhung und dem dazu gehörenden Anrecht zu Stande. Dieses wurde zum letzten Mal gehandelt und schloss mit 12,5 Rappen. Die Bezugsfrist läuft noch bis zum Donnerstag. Letztlich wollten nun doch noch zahlreiche Anleger mitmachen und die neuen Aktien beziehen, sagte dazu ein Händler. Dagegen hätten die Aussagen von Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann keine stärkere Wirkung gehabt. Lehmann hatte im Schweizer Fernsehen SRF am Montagabend gesagt, die Abflüsse von Kundengeldern hätten sich beruhigt.
Mit den Aktien der UBS (-1,5%) und der Partners Group (-2,4%) gaben auch andere Finanzwerte nach.
Auf den hinteren Rängen büssten Zur Rose (-9,8%) einen Teil der jüngsten Gewinne wieder ein. Händler verwiesen dabei auch auf die ebenfalls schwachen Tech- und Wachstumstitel Sensirion (-6,8%), Bachem (-2,7%) und Siegfried (-4,0%), die im Sog der Nasdaq Terrain verloren.
New York: Weitere Verluste nach verpatztem Wochenauftakt
Nach dem schwachen Wochenauftakt machen die Anleger am Dienstag weiter einen Bogen um amerikanische Aktien. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial stand gegen Ende der ersten Handelsstunde 0,48% tiefer bei 33 784,30 Punkten. Für die übrigen Indizes ging es derweil etwas deutlicher bergab: Der marktbreite S&P 500 verlor 0,89% auf 3963,24 Punkte und der technologielastige Nasdaq 100 büsste 1,45% auf 11 616,28 Zähler ein.
Anleger verarbeiteten weiter die relativ guten US-Konjunkturdaten, die in den vergangenen Tagen veröffentlicht wurden. Laut Mark Haefele, Chief Investment Officer bei UBS Global Wealth Management, werden solche Nachrichten zuletzt von ihnen als eher schlechte Nachricht für Aktien und Anleihen interpretiert. Schuld daran sei die Schlussfolgerung, dass die US-Notenbank Fed so schnell nicht dazu in der Lage sein wird, angesichts der anhaltend hohen Inflation wieder zu einer weniger strengen Geldpolitik überzugehen. Gleichzeitig gebe es aber auch noch keine wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen nachhaltigen Aufschwung.
Wegen der wachstumsbremsenden Wirkung hoher Zinsen litten Technologiewerte einmal mehr relativ stark. Die Titel der Tech-Riesen Apple , Alphabet , Netflix , Amazon und Tesla büssten zwischen 1,5 und 3,3% ein. Am schärfsten um fast 6% nach unten ging es unter diesen für den Facebook-Konzern Meta .
Positiv fielen in dem schwachen Marktumfeld die Aktien des Rüstungskonzerns Textron auf, die um 6,3% anzogen. Das Unternehmen erhielt in den USA den Zuschlag für die Lieferung einer neuen Generation von Kampfhubschraubern. Das Nachsehen hatte der Kontrahent Lockheed Martin , dessen Aktien im Gegenzug um ein halbes Prozent nachgaben.
Gesprächsstoff lieferte ansonsten ein Übernahmevorhaben: Die Papiere von Vivint Smart Home schnellten um fast ein Drittel nach oben, weil der Hersteller smarter Haustechnik ein Übernahmeangebot des Energieversorgers NRG Energy erhalten hat. Der Vivint-Kurs näherte sich bis auf wenige Cent den gebotenen 12 $ je Aktie. Den Aktionären des Kaufinteressenten gefiel dies nicht, der NRG-Kurs rutschte um 11% ab.
Bonds: Wenig verändert – Pfandbriefbank nimmt 680 Mio. Fr. auf
Die Schweizer Obligationenbörse tendiert am Dienstag wenig verändert. Die Anleger hielten sich zurück, grundsätzlich sei der Trend aber freundlich, sagen Händler. Die Swapsätze hätten sich erneut ermässigt, aber die Umsätze seien eher dünn.
Am Sekundärmarkt sind die Umsätze in den vergangenen Sitzungen merklich gesunken. Am Primärmarkt hat derweil die Pfandbriefbank schweizerischer Hypothekarinstitute mit der Aufstockung der zwei in 2032 und 2037 fällig werdenden Anleihen insgesamt 680 Mio. Fr. aufgenommen. Der Löwenanteil entfiel mit 455 Mio. Fr. auf den 2,25%-Bond 2037. Die Nachfrage sei recht gut und die Swapspreads mit +4 Basispunkten (BP) wie erwartet recht eng gewesen.
Damit dürfte das Emissionsjahr im Domestikbereich bis auf die Anleihenauktion der Eidgenossenschaft kommende Woche wohl abgeschlossen sein, meinte ein Händler. Dass noch ein ausländischer Emittent aufs Parkett komme, sei zwar möglich. Allerdings brauche es für eine Emission auch Anleger und die könnten sich allmählich doch eher rar machen.
Der für den Schweizer Bondmarkt richtungsweisende Dezember-Conf-Future notiert um 13.30 Uhr um 20 BP tiefer auf 145,58%. Der Umsatz beträgt verfallsbedingt relativ hohe 241 Kontrakte. Am letzten Handelstag war der Conf um 23 BP gestiegen. Der Conf März 2023, der auf den am Donnerstag auslaufenden Dezember-Kontrakt nachfolgt, fällt um 27 BP auf 144,01%. Bis dahin wurden 294 Kontrakte gehandelt. Der ebenfalls richtungsweisende Swiss Bond Index gewinnt 39 BP auf 126,80%.
Zwei der sechs gehandelten Eidgenossen legen zu. Die zweijährige Referenzanleihe (1,25%/2024) ist unverändert und wirft 0,83% ab. Drei Eidgenossen geben nach, darunter der Zehnjährige (0,5/2032). Seine Rendite beläuft sich auf 1,04%.
Der Kassazinssatz steigt auf 1,041 von 1,013% am Vortag.
Euro hält sich bei 1.05 $
Der Euro hat sich am Dienstag in einem richtungslosen Handel unter dem Strich nur wenig verändert. Am späten Nachmittag kostet die Gemeinschaftswährung 1.0495 $ und damit in etwa so viel wie am Morgen. Zwischenzeitliche Gewinne konnten nicht gehalten werden.
Dagegen zeigt sich das Euro/Franken-Paar etwas schwächer mit 0.9876 nach 0.9896 noch am Morgen. Derweil hat sich auch der US-Dollar zum Franken mit 0.9408 von 0.9440 Fr. im Frühgeschäft ein wenig ermässigt.
Der Handel zwischen Euro und Dollar verlief ohne entscheidende Impulse. Konjunkturdaten aus Deutschland überraschten zwar positiv, bewegten das Währungspaar aber nicht nennenswert. Der Auftragseingang der deutschen Industrie legte im Oktober überraschend deutlich zu. Allerdings folgt der Zuwachs auf empfindliche Rückgänge in den beiden Monaten zuvor. «Der Trend bei den Auftragseingängen zeigt weiterhin deutlich nach unten», kommentierte Commerzbank-Experte Ralph Solveen.
EZB-Chefvolkswirt Philip Lane bekräftigte unterdessen die allgemeine Erwartung, dass die Leitzinsen im Euroraum wegen der hohen Inflation weiter steigen dürften. Allerdings wies der Ire auch auf die bereits erfolgten kräftigen Zinsanhebungen von insgesamt zwei Prozentpunkten in diesem Jahr hin. Derzeit ist nicht ganz klar, ob die EZB ihr Straffungstempo auf der nächsten Zinssitzung Mitte Dezember auf 0,50 Prozentpunkte verlangsamt oder bei 0,75 Punkten belässt. An den Märkten wird eher auf eine Verlangsamung gesetzt.
Kursgewinne verzeichnete der australische Dollar. Die Notenbank des Landes hob ihren Leitzins wie allgemein erwartet um weitere 0,25 Punkte auf 3,1% an. Zugleich überraschte sie einige Fachleute, indem sie weitere Anhebungen in Aussicht stellte. Erwartet wurde eher, dass die Währungshüter verbale Vorbereitungen für ein Ende des Straffungskurses treffen. Die australische Notenbank gilt im internationalen Vergleich als eher vorsichtige Zentralbank.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0.86170 (0.86085) britische Pfund und 143.33 (143.07) japanische Yen fest.
Die Feinunze Gold wurde am Nachmittag in London mit 1773 $ gehandelt. Das waren etwa sechs Dollar mehr als am Vortag.
Ölpreise geben nach
Die Ölpreise sind am Dienstag merklich gesunken. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 80.70 $. Das waren 2.00 $ weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 1.72 $ auf 75.22 $.
Der Ölmarkt ist weiterhin durch eine hohe Verunsicherung geprägt. Marktbeobachter verwiesen auf das Inkrafttreten eines weitgehenden Embargos der Europäischen Union (EU) gegen Rohöl aus Russland und auf einen Preisdeckel für russisches Öl von 60 $ je Barrel. Zudem sorgt auch die Corona-Politik der Regierung in China immer wieder für Kursbewegung am Ölmarkt. Die zuletzt hohen Kursausschläge erklärten Beobachter auch mit einer niedrigen Liquidität.
Saudi-Arabien reduzierte unterdessen die Verkaufspreise für Öllieferungen nach Asien, die USA und Europa deutlich. Dies könnte es Europa erleichtern, Ersatz für die russischen Öllieferungen zu finden, schreiben die Experten der Commerzbank. Schliesslich sei die saudi-arabische Ölsorte Arab Light derzeit sogar etwas günstiger als Brent.
AWP/REUTERS
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