Börsenbericht vom 2. Dezember 2022Schweizer Börse gibt ab
An der Schweizer Börse ist die Aufwärtsbewegung der Vortage am Freitag gestoppt worden.

Der Schweizer Aktienmarkt hat den Handel am Freitag mit Abgaben abgeschlossen. Dabei setzte der besser als erwartet ausgefallene November-Bericht zum US-Arbeitsmarkt und die damit aufkommenden Zinssorgen der Börse nur vorübergehend deutlicher zu. Am Ende konnte der Leitindex SMI die Marke von 11'200 Punkten knapp nicht halten. Unter anderem die Kursverluste der Schwergewichte Nestlé und Roche verhinderten ein besseres Abschneiden. Dagegen boten für einmal die Titel der angeschlagenen Grossbank Credit Suisse, die sich von dem am Vortag gesetzten Allzeittief absetzten, eine Stütze.
Der US-Arbeitsmarkt läuft heiss: Sowohl der Beschäftigungszuwachs als auch der Anstieg der Stundenlöhne fielen im November stärker als von Ökonomen erwartet aus. Die für die Konjunktur eigentlich gute Botschaft dämpft die Hoffnung der Anleger auf ein gemächlicheres Vorgehen der US-Notenbank Fed im Kampf gegen die Inflation. Immerhin hatte Fed-Chef Jerome Powell während der Woche Hinweise geliefert, dass die Zinsen im Dezember «nur» noch um 50 Basispunkte anstatt wie viermal zuvor um 75 Punkte erhöht werden könnten. Die drohende Lohn-Preis-Spirale könne aber dafür sorgen, dass die Inflation noch lange auf hohem Niveau bleibe, befürchtete ein Händler.
Bis Handelsschluss gewann der FuW 50 Index 0,18% auf 2117,11. Der SMI verlor 0,36% auf 11'198,13 Punkte und ging aber zur Vorwoche mit einem Plus von 0,3% ins Wochenende. Kurz nach Vorlage der US-Arbeitsmarktdaten am Nachmittag war der Index noch auf ein Tagestief von 11'123 Stellen abgerutscht. Der breite SPI verlor 0,20% auf 14'308,82 Punkten und der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, büsste 0,20% auf 1717,02 Zähler ein. Dort standen sich 16 Gewinner und 14 Verlierer gegenüber.
An der Spitze der Schweizer Bluechips standen zu Wochenschluss die Aktien der Credit Suisse. Sie erholten sich mit einem Plus von 9,3% auf 2.95 Fr. nachdem die Papiere am Donnerstag noch auf ein Allzeittief von 2,663 Fr. zurückgefallen waren. Damit verbuchten sie das grösste Plus seit Mai 2020. Auch die zur Kapitalbeschaffung ausgegebenen Bezugsrechte (+138%) erholten sich stark.
Händler verwiesen darauf, dass nebst der technischen Gegenbewegung auch beruhigende Aussagen aus den Reihen der CS-Führung den Fall der Aktie ins Bodenlose aufgehalten haben dürften. VR-Präsident Axel Lehmann etwa versicherte erneut, dass die massiven Kapitalabflüsse vom Oktober mittlerweile gestoppt seien.
Ansonsten standen Finanzwerte mehrheitlich unter Druck: Am stärksten gaben die Papiere des Vermögensverwalters Partners Group (-3,8%) und der Versicherungsgruppe Zurich (-0,8%) nach. Etwas besser zog sich die UBS (-0,5%) aus der Affäre.
Grössere Einbussen verzeichneten ohne News Sika (-1,8%), Lonza oder Swisscom (beide -1,0%). Und auch die Schwergewichte Roche und Nestlé (je -0,6%) übten Druck auf den Gesamtmarkt aus, während Novartis kaum verändert aus dem Handel gingen.
Auf der Gewinnerseite waren nebst CS im Bluechips-Segment auch Zykliker wie Schindler PS (+2,6%), Straumann (+2,2%) oder Logitech (+1,8%) weit vorne zu finden. VAT gewannen am Kapitalmarkttag immerhin 1,4%. Der Vakuumventil-Hersteller wusste bei den Investoren mit neuen Geschäftszielen für die Periode von 2023 bis 2027 zu überzeugen.
Am breiten Markt brachen Polypeptide um gut einen Drittel ein. Der Pharmazulieferer hatte erneute eine Gewinnwarnung ausgesprochen. Verschiedene operative Probleme hätten den Umsatz und die Profitabilität beeinträchtigt, dazu kämen höhere Kosten und ein anhaltender Inflationsdruck, hiess es.
Dagegen setzten Zur Rose (+12,9%) den Aufschwung des Vortages fort. Die Aktien der auf Maschinen für Blechverarbeitung spezialisierten Bystronic (+1,9%) profitierten Händlern zufolge von einem verteidigenden Analystenkommentar. Auch mit Titeln wie V-Zug (+6,2%) oder Addex (+4,8%) ging es steil nach oben.
New York: Starker US-Arbeitsmarkt belastet
Ein überraschend robuster US-Arbeitsmarkt mit stark steigenden Löhnen und Gehältern droht am Freitag die Wochenbilanz des Leitindex Dow Jones Industrial zu vermiesen. Denn die US-Notenbank Fed könnte sich Beobachtern zufolge gezwungen sehen, die Zinsen weiter kräftig zu erhöhen, um den Arbeitsmarkt zu beruhigen. Vor diesem Szenario verlor der Leitindex Dow Jones Industrial im frühen Handel 0,71% auf 34 152 Punkte – womit sich auf Wochensicht ein Verlust von 0,6% anbahnt.
Die Stundenlöhne in den USA sind im November im Vergleich zum Vormonat doppelt so stark gestiegen, wie von Experten erwartet worden war. Auch die Zahl der neu geschaffenen Stellen lag über der Markterwartung. Der Arbeitsmarkt zeige sich bisher recht unbeeindruckt von den Zinsanhebungen, schrieben die Volkswirte der Commerzbank. Die Fed werde daher weiter an der Zinsschraube drehen, «um eine Abkühlung am Arbeitsmarkt zu erzwingen». Erst wenn sich diese Abkühlung deutlich zeige, dürfte die Fed die Zinsen nicht weiter erhöhen.
Der marktbreite S&P 500 verlor 0,98% auf 4036 Zähler. Der technologielastige Nasdaq 100 büsste 1,49% auf 11 863 Punkte ein. Im Unterschied zum Dow liegt der Index damit auf Wochensicht noch leicht im Plus.
Zur Wochenmitte war der Dow noch auf den höchsten Stand seit Ende April geklettert. Fed-Chef Jerome Powell hatte mit der Aussage, die Leitzinsen im Dezember möglicherweise nicht so stark anzuheben wie in den Monaten zuvor, an den Börsen Euphorie ausgelöst. «Ich halte es weiterhin für wahrscheinlich, dass die Fed ab der Dezember-Sitzung die Zinsen langsamer erhöht», prognostizierte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners. Zinserhöhungen in diesem Ausmass «könnten uns jetzt aber länger begleiten als bislang gedacht».
Kursbewegende Unternehmensnachrichten waren vor dem Wochenende rar. Die Aktien von Marvell Technology fielen um 6,6%. Der Halbleiterhersteller legte enttäuschende Umsatz- und Ergebniszahlen für das vergangene Quartal vor. Auch der Ausblick blieb hinter den Erwartungen zurück.
Papiere von Blackstone verloren 3,6%. Am Vortag hatten die Titel bereits gut 7% verloren, nachdem der Vermögensverwalter den Verkauf von Beteiligungen an den Casinos MGM Grand und Mandala Bay in Las Vegas für 5,5 Mrd. $ besiegelt hatte. Zudem war bekannt geworden, dass Blackstone wegen des grossen Andrangs von Investoren die Abhebungen von seinem 125 Mrd. $ schweren Immobilienfonds begrenzt.
Die Papiere des Cloud-Spezialisten Zscaler sackten um mehr als 9% ab. Hier belastete ein enttäuschender Geschäftsausblick. Dagegen übertraf der Automationssoftware-Hersteller Uipath mit dem Zwischenbericht die Erwartungen, was die Anteilsscheine um fast 12% nach oben schnellen liess.
Bonds Schweiz: Festere Kurse auch zum Wochenschluss
Die Schweizer Obligationenbörse tendiert am Freitag erneut etwas fester. Im Gegenzug ermässigen sich die Renditen ein wenig.
Im Fokus stehen die monatlichen US-Arbeitsmarktdaten. Diese sind für die Geldpolitik der US-Notenbank Fed von hoher Bedeutung. Dabei gelten starke Zahlen als Inflationsrisiko. Denn die Arbeitslosigkeit ist tief und das Lohnwachstum relativ hoch. Bei zu starken Zahlen könnten daher die Zinserwartungen wieder angeheizt werden, heisst es. Das Fed kämpft mit starken Zinsanhebungen gegen die hohe Inflation.
Derweil haben Preisdaten vom deutschen Aussenhandel das Bild eines hohen, aber abnehmenden Preisauftriebs bestätigt. Im Euroraum schwächte sich der Preisauftrieb auf Unternehmensebene ebenfalls weiter ab.
Am Sekundärmarkt konzentriere sich das Geschäft eher auf Auf- und Abrundungen als auf den Aufbau von neuen Positionen, sagte ein Händler. Im Primärmarkt stehe die Emission der Pfandbriefbank schweizerischer Hypothekarinstitute im Fokus. Die «Pfandbank» beabsichtige kommende Woche die Emission einer Dualtranche mit einer acht- bis zehnjährigen und einer 15-jährigen Anleihe.
Daneben steht mit der Eidgenossenschaft, die am 14. Dezember den Kapitalmarkt noch ein letztes Mal in diesem Jahr anzapfen will, ein weiteres Projekt in der Pipeline. Die «Pfandbank» und der «Eidgenosse» werden noch mit Valuta 2022 abgerechnet.
Dabei dürfte die Emission der Eidgenossenschaft nicht mehr so gross werden wie die der vergangenen Auktionen. Denn die Tresorerie habe ihren Emissionsfahrplan mehr oder weniger erfüllt. Bisher seien 5,8 Mrd. (ohne Eigentranchen) aufgenommen worden, hiess es kürzlich bei der Tresorerie auf Anfrage von AWP. Es sei aber noch eine Auktion ausstehend. Das heisst, die Eidgenossenschaft dürfte letztlich wohl etwas mehr als geplanten 6 Mrd. erreichen.
Der für den Schweizer Bondmarkt richtungsweisende Dezember-Conf-Future notiert um 13.30 Uhr um 16 BP höher auf 146,01%. Der Umsatz beträgt 54 Kontrakte. Am Vortag war der Conf um 42 BP gestiegen. Der ebenfalls richtungsweisende Swiss Bond Index gewinnt 49 BP auf 126,99%.
Drei Eidgenossen werden zu einem höheren und einer zu einem niedrigeren Kurs gehandelt. Die Referenzanleihen zählen nicht dazu. Die Rendite der Zweijährigen (1,25%/2024) wird mit 0,80 und die der Zehnjährigen (0,5/2032) mit 1,02% angegeben.
Der Kassazinssatz fällt auf 0,992 von 1,037% am letzten Handelstag.
Starker US-Arbeitsmarktbericht verleiht Dollar Auftrieb
Der Kurs des US-Dollars ist am Freitag nach starken US-Konjunkturdaten gestiegen. Am Nachmittag liegt der EUR/USD-Kurs bei 1.0462 $ und damit etwa einen halben Cent tiefer als am Morgen.
Auch zum Franken zeigt sich der Dollar gegen Handelstagende deutlich stärker. Das USD/CHF-Paar hat am Nachmittag die 0.94-Franken-Marke überschritten und der Greenback wird aktuell zu 0.9426 Fr. gehandelt, nahezu einen Rappen mehr als am Mittag. Der Euro wird derzeit etwas stärker als im Mittagshandel zu 0,9861 Fr. gehandelt, doch damit immer noch tiefer als am Morgen.
Am Nachmittag erhielt der Dollar mit der Veröffentlichung von robusten Daten vom US-Arbeitsmarkt Auftrieb, während der Euro im Gegenzug unter Druck geriet. Zeitweise ging es mit dem Eurokurs mehr als ein Cent nach unten. Im November ist die Zahl der Beschäftigten in der grössten Volkswirtschaft der Welt deutlich stärker gestiegen als am Markt erwartet worden war. Die Arbeitslosenquote verharrte auf niedrigem Niveau, während die Stundenlöhne doppelt so stark wie erwartet zulegten.
Der starke Arbeitsmarktbericht liefert der US-Notenbank Fed Spielräume, um weiter entschlossen gegen die hohe Inflation vorzugehen, was dem Dollar Auftrieb verleiht. Zuletzt hatte die Fed mit Zinserhöhungen um 0,75 Prozentpunkte gegen die Teuerung angekämpft. Bei der Zinssitzung im Dezember wird nach jüngsten Aussagen des US-Notenbankpräsidenten Jerome Powell ein schwächerer Zinsschritt um 0,50 Punkte erwartet.
«Eine Zinsanhebung um 0,50 Prozentpunkte auf der kommenden Sitzung ist in Stein gemeisselt», sagte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. «Mehr wird es nicht geben, trotz des guten Arbeitsmarktberichtes.» Mit welcher Geschwindigkeit die Fed im kommenden Jahr mit den Zinserhöhungen fortfahren wird, hängt nach Einschätzung von Gitzel einmal mehr davon ab, wie sich der Arbeitsmarkt und die Inflation weiter entwickeln.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,85855 (0,85715) britische Pfund und 141,32 (142,48) japanische Yen fest.
Ölpreise steigen leicht
Die Ölpreise haben am Freitag nach einem Schub in der laufenden Woche nur noch wenig zugelegt. Am Nachmittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 87.17 $. Das waren 4 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 31 Cent auf 81.54 $.
Damit hat sich nach dem kräftigen Preisanstieg seit Beginn der Woche die Lage am Markt beruhigt. Der nach einem robusten US-Arbeitsmarktbericht gestiegene Dollar belastete die Ölpreise nur vorübergehend. Seit Montag hat sich der Preis für Brent-Öl um etwa sechs Dollar je Barrel verteuert. In den vergangenen Tagen profitierten der Ölmarkt von einer etwas weniger strengen Corona-Politik Chinas, was Fachleute auch auf die Protestwelle in der Bevölkerung zurückführen.
«Die Ölpreise haben sich vor allem wegen der vorsichtigen Lockerungsschritte bei Chinas bislang strenger Null-Covid-Politik erholt», kommentierte Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Darüber hinaus steuert die US-Notenbank Fed auf weniger starke Zinsanhebungen zu, was die Konjunktur in den USA fördern und die Nachfrage nach Rohöl nach Einschätzung von Analysten stützen dürfte.
Am Ölmarkt warten die Anleger zudem auf Beschlüsse des Treffens von Ölstaaten, die sich im Verbund Opec+ zusammengeschlossen haben. Am Sonntag wollen die Förderländer über ihre Produktionspolitik beraten. Es wird damit gerechnet, dass die rund 20 Länder an ihrer bisherigen Linie festhalten. Anfang November hatte der Ölverbund seine Produktion spürbar verringert und damit auf einen Rückgang der Ölpreise reagiert.
AWP/REUTERS
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