Börsenbericht vom 27. Februar 2023Schweizer Börse zu Wochenbeginn mit neuem Schwung
Der Schweizer Aktienmarkt hat den Abwärtstrend von Ende der vergangenen Woche am Montag gestoppt.

Der Schweizer Aktienmarkt ist nach der mit roten Vorzeichen beendeten Vorwoche am Montag mit viel Schwung gestartet. Dieser liess allerdings nach, je länger der Handel dauerte, und unter dem Druck der Abgaben von Novartis und Roche verblieb zu Handelsende ein eher bescheidenes Plus im Leitindex SMI. Der Grossteil der an der Schweizer Börse gehandelten Papiere, vor allem Zykliker und Finanzwerte, legten dagegen an Wert zu. Insgesamt verlief der Handel dabei eher impulslos in ruhigen Bahnen.
Händler sprachen von einer technischen Gegenbewegung nach dem Rückschlag von letzter Woche. Da hatte sich die Stimmung an der Börse durch erneut aufkeimende Zinssorgen eingetrübt. «Waren die Marktteilnehmer vor wenigen Woche noch der Meinung, dass die Notenbanken ihren Zinszyklus bald beenden werden und in der zweiten Jahreshälfte Zinssenkungen angesagt sind, hat sich diese Ansicht diametral verändert», hiess es in einem Marktkommentar. Mittlerweile rechneten die Finanzmärkte mit weiteren Zinsschritten, nun würden Zinssenkungen frühestens im nächsten Jahr erwartet.
Der FuW Swiss 50 Index steigt schliesslich um 0,84% auf 2'236,77 Punkte. Bis Börsenschluss rückte der SMI um 0,34% auf 11'219,93 Punkte vor. Das Tageshoch hatte er am Nachmittag bei 11'273 Zählern gesetzt. Der SLI stieg um 0,59% auf 1781,85 und der breite SPI um 0,45% auf 14'451,26 Zähler. Im SLI standen sich am Ende 26 Gewinner nur vier Verlierer gegenüber.
War der Wochenstart noch ruhig, so dürfte sich das mit zahlreichen Zahlenpublikationen und Konjunkturdaten bald ändern. Blue-Chips-Unternehmen die in dieser Woche die Zahlen vorlegen, waren zum Teil gefragt. So gewannen die Titel des Personaldienstleister Adecco (+1,6%) und von Swiss Life (+1,0%) gut dazu. Sie sind am Dienstag und Mittwoch mit der Zahlenpublikation an der Reihe.
Gar um 2,2% rückte der Vakuumhersteller VAT vor, der am Donnerstag vor die Presse tritt und der Augenheilkonzern Alcon, der noch am Montagabend nach US-Börsenschluss über das vergangene Geschäftsjahr berichtet, gewann an der Börse 0,7%. Keine Vorschusslorbeeren gab es für Kühne+Nagel (+0,1%). Der Logistiker wurde im Vorfeld der Zahlen von HSBC auf «Reduce» abgestuft.
Auf dem Vormarsch waren am Berichtstag die arg gebeutelten Aktien der Credit Suisse. Sie gewannen 2,4% auf 2.835 Fr. und nähern sich so Schritt für Schritt an die Marke von drei Franken an. Vergangene Woche hatte die Aktie bei 2.522 Fr. noch ein Rekordtief markiert.
Klar fester schlossen auch Holcim (+2,2% auf 57.94 Fr.). Dabei gelang während des Handels beinahe der Sprung über das im April 2021 bei 58.46 Fr. gesetzte Mehrjahreshoch. Im Nachgang zu den am Freitag publizierten Jahreszahlen hatte die Bank Vontobel die Kaufempfehlung für den Baustoffkonzern bekräftigt und das Kursziel leicht auf 65 Fr. erhöht. Händler sprachen auch von Umschichtungen aus anderen Bauwerten wie Saint Gobain in Holcim.
Höher tendierten am Montag auch einige weitere Zykliker wie jene des Sensorenherstellers AMS-Osram (+2,4%), die Luxusgütertitel Richemont (+1,2%) und Swatch Group (+0,8%) sowie der zweite Grossbankenwert UBS (+1,3%). Und auch die Titel des Aromen- und Riechstoffherstellers Givaudan (+1,7%) waren gefragt.
Die wenigen Verlierer bei den Blue Chips wurde von Sonova (-0,9%) angeführt. Deutlich mehr Druck auf den Gesamtmarkt übten aber die Pharmaschwergewichte Roche (-0,6%) und Novartis (-0,3%) aus. Nestlé lagen hingegen zu Handelsende mit 0,3% leicht im Plus.
Im breiten Markt sorgten beim Industrietitel Rieter (+3,7%) und beim Reisedetailhändler Dufry (+1,8%) positive Analystenkommentare für gute Stimmung. Noch klarer ging es für die Jungfraubahnen (+5,4%) nach oben. Deren Chef Urs Kessler sprach in einem Interview davon, dass auch wieder vermehrt asiatische Gäste auf das Jungfraujoch reisen.
Auf der Gegenseite büssten Pennystocks wie IGEA (-20%), Talenthouse (-18%), Kinarus (-12%) oder Obseva (-12%) stark an Wert ein. Aber auch Kudelski (-3,8%) gaben klar nach.
US-Börsen erholen sich etwas von schwacher Vorwoche
Nach einer schwachen Vorwoche haben sich die US-Börsen am Montag etwas erholt. Gleichzeitig gaben am US-Anleihemarkt die Renditen nach und den Aktien damit Spielraum für eine Stabilisierung. In der vergangenen Woche war die Rendite zehnjähriger US-Papiere auf knapp vier Prozent auf den höchsten Stand seit Mitte November geklettert. Das hatte die Aktienkurse belastet. Am Bondmarkt setzen die Investoren auf weiter steigende Leitzinsen der US-Notenbank Fed.
Der Dow Jones Industrial stieg im frühen Handel um 0,86% auf 33’097,87 Punkte. Der breit gefasste S&P 500 erholte sich um 0,96% auf 4007,97 Zähler. Der technologielastige Nasdaq 100 gewann 1,21% auf 12’114,29 Punkte.
Positive Nachrichten von der Autofabrik in Grünheide bei Berlin bescherten Tesla eine Kurserholung von 4,6%. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Unternehmenskreisen erfuhr, beschäftigt der Elektroautobauer dort inzwischen über 10’000 Mitarbeiter. Pro Woche würden derzeit 4000 Autos gebaut, schrieb das Unternehmen auf Twitter. Das sind rund 200’000 im Jahr. Das Ziel der ersten Ausbauphase ist noch nicht erreicht: Tesla will in Grünheide mit 12’000 Mitarbeitern eine halbe Million Autos im Jahr produzieren.
Die Aktien von Seagen sprangen dank Übernahmefantasie sogar um zwölf Prozent hoch. Laut einem Bericht des «Wall Street Journal» ist der Pharmakonzern Pfizer an einer Übernahme des auf Krebs-Antikörper spezialisierten Biotechunternehmens interessiert. Seagen kam auf eine Marktkapitalisierung von 30 Mrd. $, dazu wäre eine Prämie auf den Aktienkurs fällig. Die Pfizer-Titel verloren 1,2%. Im vergangenen Jahr waren Übernahmegespräche zwischen Seagen und dem Pfizer-Konkurrenten Merck & Co gescheitert.
Bei Meta reichte es am Montag nur für eine marktkonforme Kurserholung von 0,7%, nachdem US-Wettbewerbshüter ihren Widerstand gegen den Versuch des Facebook-Konzerns aufgegeben haben, seine starke Position im Geschäft mit virtueller Realität durch einen Zukauf auszubauen. Meta will zudem nach dem Wirbel um den Text-Automaten ChatGPT künftig bei Chatbots mitmischen.
Bonds Schweiz: Kursverluste bei steigenden Renditen
Am Schweizer Bondmarkt geben die Kurse bei steigenden Renditen erneut nach. Sowohl der März-Conf-Future als auch wegweisende Swiss Bond Index geben nach. Die Franken-Swapsätze steigen ebenfalls.
Dabei sei die Stimmung grundsätzlich gut und es gebe auch einige Transaktionen, sagte ein Händler. So habe etwa die neuseeländische ASB Bank am Ende mit 225 Mio. Fr. bis Ende 2028 mehr aufgenommen als ursprünglich geplant. Auch bei der Akademiska Hus zeichne sich ab, dass sie mehr einsammeln könnte als die bislang in Aussicht gestellten 150 Mio. Dies seien positive Zeichen, so der Branchenkenner.
Aber auch die Tatsache, dass der Versorger Alpiq eine Anleiheemission mit einer oder zwei Tranchen plane, sei positiv zu werten. «Das bedeutet letztlich, dass der Versorgungssektor wieder mehr Zuspruch erlebt.»
Generell sei es derzeit aber so, dass der Zinsauftrieb anhalte. In Deutschland etwa stieg die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen mit 2,58% auf den höchsten Stand seit 2011. In der kürzeren Laufzeit von zwei Jahren rentierten die Papiere mit mehr als 3% und damit so hoch wie letztmalig im Jahr 2008.
Auch an den Bondmärkte habe sich zuletzt die Erkenntnis breit gemacht, dass die in diesem Jahr erwarteten Zinssenkungen der Zentralbanken nicht stattfinden würden, schreibt Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank in einem Kommentar. «Hartnäckige Inflationsdaten und solide Arbeitsmärkte sind nicht das Umfeld, das eine rasche Trendwende in Richtung lockerer Geldpolitik begünstigt.» Entsprechend würden die Erwartungen an die Zinsen aktuell nach oben angepasst. Das Ende der Fed-Zinsen werde nun näher bei 5,50% als bei 5,00% erwartet. Für die SNB rücken die 2,00% in das Blickfeld des Marktes.
Diese angepassten Erwartungen sind nicht zuletzt eine Folge der jüngsten US-Konjunkturdaten. Und das Protokoll der US-Notenbank hat deutlich gemacht, dass die Währungshüter weiterhin entschlossen gegen die zähe Inflation vorgehen werden. Wie zäh die Inflation letztlich ist, verdeutlichte der PCE-Deflator vergangenen Freitag, der Investoren klar aufgeschreckt hatte.
An diesem Nachmittag richten sich die Blicke der Marktteilnehmer erneut auf Konjunkturdaten aus den USA. Die Aufträge für langlebige Güter geben einen Hinweis auf die Investitionsneigung der Unternehmen. Ausserdem werden Daten vom schwächelnden Immobilienmarkt erwartet.
Der März-Conf-Future notiert gegen 13.15 Uhr um 75 Basispunkte (BP) tiefer auf 140,11%, der Umsatz beträgt sieben Kontrakte. Am Freitag hatte der Conf 48 BP hinzugewonnen. Der für den Markt wegweisende Swiss Bond Index verliert 2 BP auf 123,97% nach -16 BP am Freitag.
Von den bisher gehandelten Eidgenossen halten sich Kursgewinner und -verlierer mit jeweils 4 die Waage. Die Rendite zweijähriger Anleihen der Eidgenossenschaft wurde zuletzt mit 1,1884 und die der zehnjährigen mit 1,3687% angegeben.
Der zehnjährige Kassazinssatz steigt auf 1,382 von 1,375% am Freitag.
Euro steigt über 1.06 $ – kaum verändert zum Franken
Der Euro ist am Montag über 1.06 $ gestiegen. Am späten Nachmittag notiert die Gemeinschaftswährung bei 1.0606 $. Am Morgen war der Kurs im Tief noch bis auf 1.0533 $ gefallen und damit dem tiefsten Stand seit Anfang Januar.
Gegenüber dem Schweizer Franken notiert der Euro mit 0.9930 nur wenig verändert. Der Dollar ist derweil wieder unter die Marke von 0.094 Fr. gefallen und kostet am späten Nachmittag 0.9363 Fr.
Eher enttäuschend ausgefallene US-Konjunkturdaten belasten den Dollar. Die Aufträge für langlebige Güter sind im Januar deutlicher gefallen als erwartet. Zudem wurde der kräftige Zuwachs im Vormonat nach unten revidiert. Allerdings hat zu Jahresbeginn vor allem der Transportsektor belastet, der als schwankungsanfällig gilt.
Der Euro erhält zudem Unterstützung von den weiter steigenden Kapitalmarktzinsen. In Deutschland legte die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen auf 2,59% zu und erreichte damit den höchsten Stand seit 2011. Ausschlaggebend sind Erwartungen weiterer Zinsanhebungen durch die EZB. Allerdings bestehen ähnliche Erwartungen auch für die US-Notenbank Fed, was die Kursgewinne des Euro gegenüber dem Dollar begrenzt.
Das Pfund hat derweil zum Euro wie auch zum Dollar zugelegt. Im jahrelangen Streit über die Brexit-Regeln für Nordirland haben Grossbritannien und die EU eine Einigung erzielt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus EU-Kreisen. Das britische Pfund hat daraufhin zum Euro und zum Dollar merklich zugelegt. Der Streit hatte die Beziehungen zwischen London und Brüssel erheblich belastet. Mit Spannung wird nun erwartet, ob Premierminister Rishi Sunak für die Vereinbarung auch Unterstützung von Brexit-Hardlinern seiner Konservativen Partei und der nordirischen Protestantenpartei DUP findet.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0.88073 (0.88245) britische Pfund und 143.88 (143.55) japanische Yen fest.
Ölpreise geben etwas nach
Die Ölpreise haben am Montag etwas nachgegeben. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im April 82.58 $. Das waren 67 Cent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 66 Cent auf 75.66 $.
Die Entscheidung Russlands, kein Rohöl mehr nach Polen zu liefern, bewegte den Ölmarkt kaum. Der Betreiber Transneft begründete den Stopp mit fehlenden Dokumenten. «Nur zehn Prozent des Rohöls kamen noch aus Russland, und wir werden es durch Öl aus anderen Lieferländern ersetzen», schrieb der Chef des polnischen Ölkonzerns PKN, Orlen Daniel Obajtek, am Samstag auf Twitter.
Es dominieren weiter zwei grosse Themen, die die Ölpreise nach oben und unten hin in Schach halten. Für Zuversicht wirkt auf der einen Seite die Aussicht auf eine grössere Rohölnachfrage aus China. Ausschlaggebend ist die Abkehr der Volksrepublik von der einst besonders strengen Corona-Politik.
Auf der anderen Seite bestehen jedoch Bedenken, dass die Notenbanken - allen voran die US-Zentralbank Fed - den Kampf gegen die hohe Inflation übertreiben könnten. Die kräftigen Zinsanhebungen der Währungshüter dämpfen die wirtschaftliche Aktivität und damit auch die Energienachfrage.
AWP/REUTERS
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