Börsenbericht vom 1. Dezember 2022Schweizer Börse schliesst klar im Plus
Die Aussicht auf eine weniger restriktive Geldpolitik der US-Notenbank treiben die Kurse in die Höhe.

Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag sehr freundlich geschlossen. Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell hatten bereits am Vorabend eine Rally an der Wall Street verursacht. Der Hüter der amerikanischen Geldpolitik hatte auf einer Veranstaltung gesagt, dass bereits im Dezember die Zeit für moderatere Zinserhöhungen gekommen sein könnte. Händler sprachen von einem vorweihnächtlichen Geschenk.
Im Handel richtet sich der Blick nun auch schon auf den (morgigen) Freitag, wenn der offizielle Arbeitsmarktbericht veröffentlicht wird. Die am Berichtstag publizierten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe jedenfalls signalisierten einen robusten Arbeitsmarkt in den USA. Die US-Notenbank orientiert sich bei ihrer Geldpolitik stark an der Entwicklung des Jobmarkts.
Der FuW Swiss 50 Index stieg zum Handelsschluss um 1,21% auf 2113,35 Punkte. Der SMI schloss am Ende 0,99% höher auf 11'238,20 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, stieg um 1,17% auf 1720,43 und der breite SPI um 1,03% auf 14'346,27 Zähler. Im SLI schlossen 28 Titel höher und nur zwei gaben nach.
Allen voran die Aktien der Credit Suisse (-4,4% auf 2.699. Fr.), die den ganzen Tag über im Fokus der Anleger waren. Sie hatten im späten Handel mit 2.654 Franken ein neues Rekordtief erreicht. Die seit Montag separat gehandelten Bezugsrechte für neue Aktien haben sich am Donnerstag erneut im Wert halbiert auf noch 4,8 Rappen.
Damit nähert sich der Aktienkurs immer mehr dem Ausübungspreis der Kapitalerhöhung von 2.52 Fr. an. Die Kapitalerhöhung ist für die CS durch die Emissionsbanken zwar gesichert, ein Fall unter diese Marke käme laut Marktbeobachtern aber einer erneuten Blamage gleich.
Andere Finanzaktien profitierten hingegen von der Aussicht auf eine weniger restriktive Geldpolitik. Allen voran Partners Group und Julius Bär zogen um 2,4 respektive 2,3% an. Dahinter gewannen UBS 1,0%.
Grosse Gewinne verbuchten vor allem die Aktien der Technologiewerte Logitech (+4,0%), AMS Osram (+2,8%), Temenos (+2,5%) und VAT (+2,3%). Letztere werden am (morgigen) Freitag einen Investorentag abhalten.
Die Papiere folgten damit den starken Vorgaben der US-Technologiebörse Nasdaq. Technologie- und Wachstumswerte profitierten am meisten von einer weniger restriktiven Geldpolitik, heisst es.
Den Wachstumswerten ebenfalls gerne zugeschlagen wurden die Papiere von Lonza (+3,8%), Sika (+3,6%) Geberit (+3,0%), Sonova (+2,5%) und Straumann (+1,0%).
Die defensiven Schwergewichte Nestlé (+1,2%), Novartis (+0,5%) und Roche (+0,7%) legten ebenfalls zum Teil klar zu. Händler sprachen von breit abgestützten Kursgewinnen an der Schweizer Börse. Die Papiere des Lebensmittelkonzerns schüttelten damit die Abgaben, die sie am Dienstag nach dem Investorentag eingefahren hatten, endgültig wieder ab.
Am unteren Ende der Kurstafel befanden sich neben CS auch Richemont (-0,9%). Die Papiere des Luxusgüterherstellers waren in den Vortagen kräftig gestiegen. Vor allem die Hoffnung auf weniger strenge Corona-Restriktionen im wichtigsten Markt China hatten zuvor getrieben.
Am breiten Markt standen ebenfalls Technologie- und Wachstumswerte in der Gunst der Anleger. So legten Comet (+3,2%), Inficon (+4,3%) sowie Siegfried (+1,7%) und Polypeptide (+7,4%) stark zu.
Zur Rose kletterten um 14,9%. Die Valoren erhielten von den Aussagen des deutschen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach Auftrieb. Dieser hatte während der Digital Health Conference von Bitkom am Vortag gesagt, das E-Rezept solle Mitte nächsten Jahres kommen.
Phoenix Mecano gewannen 0,9%. Der Komponentenhersteller hat anlässlich eines erstmals durchgeführten Investorentages offizielle Ziele formuliert. Der Konzern will bis 2026 über den Konjunkturzyklus hinweg ein jährliches Umsatzwachstum zwischen 6 und 10% erreichen.
Wallstreet: Wenig Bewegung nach Kursrally am Vortag
Nach der Kursrally zur Wochenmitte ist an den US-Aktienmärkten am Donnerstag wieder Ruhe eingekehrt. Die grossen Auswahlindizes bewegten sich im frühen Handel um ihre Schlusskurse vom Vortag. Auch neue Konjunkturdaten brachten keine klaren Impulse. Der Leitindex Dow Jones Industrial gab um 0,29% auf 34’488 Zähler nach. Die Aussicht auf eine weniger drastische Zinserhöhung im Dezember durch die US-Notenbank Fed hatte den Dow am Vortag auf das höchste Niveau seit April getrieben.
Der marktbreite S&P 500 lag mit 0,25% moderat im Plus bei 4090 Zählern. Der technologielastige Nasdaq 100 handelte 0,37% höher auf 12’076 Punkte. Das Börsenbarometer war am Vortag dank der Zinserwartungen sogar um 4,6% nach oben geschnellt.
Verstimmt reagierten die Anleger nun aber auf den Geschäftsausblick des Cloudsoftware-Spezialisten Salesforce. Salesforce-Aktien brachen als mit Abstand grösster Verlierer im Dow um fast elf Prozent ein. Marktteilnehmer werteten die neuen Prognosen als Beleg für die in einem unsicheren Wirtschaftsumfeld nachlassenden Investitionen von Unternehmen in Technologie. Für zusätzliches Ungemach sorgte zudem der Weggang von Co-Chef Bret Taylor.
Die Aktien des Software-Anbieters Snowflake verteuerten sich dagegen um 2,2%. Im vorbörslichen Handel hatte ein ebenfalls schwacher Ausblick des Unternehmens den Kurs noch belastet. Analysten grosser Investmentbanken wie JPMorgan und Morgan Stanley blieben gleichwohl optimistisch gestimmt für die Wachstumsperspektiven von Snowflake.
Eine Gewinnwarnung der Warenhauskette Dollar General liess den Aktienkurs um fast zehn Prozent absacken. Kunden bevorzugen verstärkt Produkte, die für das Unternehmen weniger profitabel sind und die Lieferketten bereiten zusätzliche Kosten. Im Fahrwasser von Dollar General fielen die Papiere des Einzelhändlers Dollar Tree um 2,2%.
Bonds Schweiz: Fester dank US-Zinsaussichten
Der Schweizer Obligationenmarkt legt am Donnerstag unterstützt durch Aussichten auf eine moderatere Zinspolitik der US-Notenbank Fed deutlich zu. Im Gegenzug gehen die Renditen zurück. Das Geschäft verläuft laut Händlern bei relativ guten Umsätzen recht aktiv.
Die Aussicht auf weniger stark steigende Zinsen in den USA sorgte sowohl bei den Obligationen als auch bei den Aktien für gute Stimmung und steigende Kurse. Dieser Trend könne nun bis in neue Jahr hinein anhalten, heisst es am Markt.
Dagegen bewegten der am Vormittag für die Eurozone veröffentlichte Einkaufsmanagerindex von S&P Global den Markt kaum. Dieser stieg im November zum Vormonat etwas weniger als in einer vorherigen Schätzung ermittelt und signalisiert weiterhin eine Rezession.
Auch in der Schweiz hat sich die Stimmung in der Industrie im November leicht eingetrübt. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) hat sich sowohl in der Industrie als auch bei den Dienstleistungen leicht abgeschwächt, bleibt aber nach wie vor klar über den 50 Punkten und deutet damit weiter auf Wachstum hin.
Zudem hat sich die Inflation in der Schweiz im November auf hohem Niveau (3,0%) stabilisiert. Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) sind das gute Nachrichten, da sich der Druck für weiter aggressive Zinsschritte abmildert. Denn der Wert liegt unter der Inflationsprognose der SNB von 3,4% im vierten Quartal.
Sowohl im Sekundär- als auch im Primärmarkt verläuft der Handel recht aktiv. Dabei wurde eine neue Anleihe der Sonova Holding über 200 Mio. Fr. und mit einer Laufzeit von acht Jahren laut Bankenkreisen sehr gut aufgenommen. Der Emissionsbetrag habe dank guter Nachfrage verdoppelt und der Swapspread auf +42 Basispunkte eingeengt werden können. Dennoch rentiert das Papier vergleichsweise attraktive 1,93%.
Der für den Schweizer Bondmarkt richtungsweisende Dezember-Conf-Future notiert um 13.30 Uhr um 25 BP höher auf 145,68%. Der Umsatz beträgt 115 Kontrakte. Am Vortag war der Conf um 26 BP gestiegen. Der ebenfalls richtungsweisende Swiss Bond Index gewinnt 72 BP auf 126,50%.
Alle elf gehandelten Eidgenossen legen zu. Die zweijährige Referenzanleihe (1,25%/2024) ist nicht dabei und rentiert mit 0,82%. Die Zehnjährige (0,5/2032) gewinnt 27 BP und wirft 0,97% ab.
Der Kassazinssatz fällt auf 1,037 von 1,055% am letzten Handelstag.
Powell-Aussagen belasten Dollar – Zum Franken unter 0.94
Der Dollar hat am Donnerstag nach Aussagen aus der US-Notenbank deutlich nachgegeben. Am Nachmittag liegt der Euro-Dollar-Kurs bei 1.0485. Kurzzeitig war der Euro erstmals seit Ende Juni über 1.05 $ geklettert. Am Morgen hatte der Euro noch zeitweise unter 1.04 $ notiert.
Die Schwäche des Dollars machte sich derweil auch im USD-CHF-Kurs spürbar. Der Greenback sackte am Nachmittag unter die 0.94 Fr.-Marke. Derzeit kostet der Dollar 0.9392 Fr. Der Euro fand zum Franken am Donnerstag keine klare Richtung. Nachdem die Gemeinschaftswährung am Vormittag auch zum Franken etwas zugelegt hatte, sank das Währungspaar im Laufe des Nachmittags wieder etwas bis auf aktuell 0.9848. Damit notiert der Euro zum Franken minim Schwächer als am Morgen.
Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell hatten bereits am Mittwoch eine Dollar-Schwäche ausgelöst, die am Donnerstag anhielt. Er hatte Signale für eine kleinere Leitzinserhöhung im Dezember gegeben. «Der Zeitpunkt für eine Verringerung der Zinserhöhungen könnte schon auf der Dezember-Sitzung kommen», sagte Powell am Mittwochabend. An den Finanzmärkten wird im Dezember eine Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte erwartet. Zuletzt hatte die Fed den Leitzins viermal in Folge um 0,75 Punkte angehoben. Vor den Aussagen hatte der Euro am Mittwoch noch bei 1.03 $ notiert.
In den USA hat sich zudem die Stimmung im Industriesektor im November weiter eingetrübt. Der stark beachtete ISM-Indikator signalisiert jetzt eine Rezession in dem Sektor. «Damit mehren sich die Anzeichen für ein Nachlassen der konjunkturellen Dynamik», kommentierte Ulrich Wortberg, Ökonom von der Landesbank Hessen-Thüringen. «Dies bestärkt die US-Notenbank in ihrer Absicht, das Tempo der Zinserhöhungen zu reduzieren.» Es wurde zuletzt befürchtet, dass die deutlichen Zinserhöhungen die Wirtschaftsentwicklung zu stark belasteten können.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0.85715 (0.86488) britische Pfund und 142.48 (144.28) japanische Yen fest.
Ölpreise legen erneut zu
Die Ölpreise haben am Donnerstag an die Kursgewinne der vergangenen Handelstage angeknüpft. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 88.55 $. Das waren 1.60 $ mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 2.01 $ auf 82.55 $.
Gestützt wurden die Ölpreise durch den auf breiter Front gesunkenen Dollar-Kurs. Ein schwächerer Dollar macht Rohöl für Anleger aus anderen Währungsräumen günstiger. Dies stützt die Nachfrage. Damit legten die Ölpreise bereits den vierten Handelstag in Folge zu. Seit Beginn der Woche hat sich Brent-Öl um mehr als fünf Dollar je Barrel verteuert.
Zuletzt wurden die Ölpreise vor allem durch Spekulationen über die Förderpolitik des Ölverbunds Opec+ bewegt. Eine Entscheidung wird am Sonntag erwartet. Neben der künftigen Fördermenge der Opec+ haben die Anleger am Ölmarkt aber auch die weitere Entwicklung der Corona-Politik in China im Blick.
An den Finanzmärkten verstärkte sich nach Einschätzung von Experten der Dekabank zuletzt der Optimismus, dass es die Führung in Peking mit der Lockerung der Corona-Massnahmen ernst meinen könnte. Dies dürfte die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt stärker in Schwung bringen, was die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen wie Rohöl verstärken würde.
Goldpreis steigt über 1800 $
Der Goldpreis hat am Donnerstag weiter zugelegt und den höchsten Stand seit Mitte August erreicht. Im Hoch kostete eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) des Edelmetalls 1804 $ und damit rund 35 $ mehr als am Vortag. Der Silberpreis legte ebenfalls deutlich zu und stieg mit 22.72 $ je Feinunze auf den höchsten Stand seit Anfang Mai.
Edelmetalle profitieren derzeit von mehreren Entwicklungen. Ihnen kommt zum einen der schwächere Dollar zugute. Da Gold und Silber in der US-Währung gehandelt werden, macht ein sinkender Dollarkurs Gold und Silber für Interessenten ausserhalb des Dollarraums günstiger. Damit steigt auch die Nachfrage von dort.
Hinzu kommt, dass die US-Notenbank Fed ihren Kampf gegen die hohe Inflation künftig wohl etwas langsamer angehen will. Fed-Chef Jerome Powell hatte am Mittwochabend etwas kleinere Zinserhöhungsschritte in Aussicht gestellt. Davon profitieren tendenziell Anlagen wie Gold und Silber, die keine Zinsen abwerfen. Darüber hinaus gelten Edelmetalle als klassischer Inflationsschutz.
AWP/REUTERS
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