Börsenbericht vom 30. Januar 2023Schwergewichte stützen Schweizer Börse
Die anstehenden Zinsentscheide der grössten Notenbanken halten Anleger am Schweizer Aktienmarkt in Atem.

Der Schweizer Aktienmarkt hat die neue Woche mit moderaten Gewinnen eröffnet. Hauptgrund für das Plus im wichtigsten Schweizer Aktienindex SMI waren vor allem Kursavancen beim defensiven Schwergewicht Nestlé. Das Geschäft verlief laut Händlern insgesamt aber relativ ruhig und vor allem am Morgen war das Geschehen von leichten Abgaben geprägt. Vor den mit Spannung erwarteten Zinsbeschlüssen der US-Notenbank Fed am Mittwoch sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England (BoE) am Donnerstag hätten sich die Anleger zumeist vorsichtig verhalten und dabei defensive Titel bevorzugt, hiess es im Handel. Die Verlierer dominierten denn auch lange Zeit das Feld klar, erst mit der Eröffnung an den US-Märkten gestaltete sich das Verhältnis etwas ausgeglichener.
Die eher vorsichtige Grundstimmung dürfte laut Marktteilnehmern in den nächsten zwei, drei Tagen wohl anhalten. Wenn die Notenbankentscheide dann durch sind, dürften sich gewisse Investorinnen und Investoren neu positionieren. «Mit einer mindestens mal neutralen US-Notenbank Fed am Mittwoch könnte der nächste Aufwärtsschub gezündet und damit die Lethargie der letzten zwei Wochen im Markt beendet werden», sagte ein Händler hoffnungsvoll. Es gibt aber durchaus auch pessimistischere Stimmen, die wegen der hartnäckigen Inflation mit weiteren deutlichen Zinserhöhungen rechnen. «Das Enttäuschungspotential an den Märkten ist entsprechend nicht unerheblich», so eine Stimme. Bis dahin stehen noch diverse Firmenabschlüsse auf der Agenda. Hierzulande sind es vor allem die Abschlüsse der SMI-Firmen UBS, Novartis sowie ABB und Roche, welche für etwas Bewegung sorgen könnten.
Der FuW Swiss 50 Index büsste schliesslich 0,03% ein auf 2216,13 Punkte. Der SMI schloss am Montag 0,42% höher auf 11'379,64 Punkten und damit rund 20 Punkte unter Tageshoch. Auch der breite Markt gemessen am SPI avancierte mit 0,34% auf 14'601,54 Zähler relativ klar. Der SLI hingegen, bei dem die wichtigsten Titel nicht mit dem ganzen Gewicht enthalten sind, blieb mit +0,16% auf 1780,91 Zählern etwas dahinter zurück. Von seinen 30 Titeln schlossen 15 im Plus und 14 im Minus, einer (Richemont) war unverändert.
Klarer Gewinner im SMI waren Nestlé (+1,5%), ohne dass es dafür allerdings fundamentale Gründe gab. Die Titel des Westschweizer Nahrungsmittel-Herstellers seien letzte Woche ohne offensichtliche Gründe ziemlich unter Druck gewesen, meinte ein Händler. Entsprechend hätten gewisse Investoren nun wohl wieder Erholungspotential gesehen.
Nestlé waren für rund 80% des SMI-Gewinns verantwortlich. Der Rest kam hauptsächlich vom zweiten SMI-Schwergewicht Novartis (+0,7%). Der Pharmakonzern wird am Mittwoch seine Jahreszahlen 2022 präsentieren. Am Donnerstag folgt dann der Konkurrent Roche, dessen GS (-0,4%) sich heute deutlich schwächer präsentierten. Zu den grössten Gewinnern stellten sich auch Swisscom (+1,4%), Sonova und Swiss Re (je +0,8%).
Deutliche Einbussen verbuchten derweil vor allem die Wachstums- und Technologiewerte, die zuletzt stark gestiegen waren. Am stärksten unter Druck waren die Anteile des Medizintechnikkonzerns Straumann (-2,9%), sowie die Technologiewerte AMS Osram (-2,6%) und VAT (-1,6%).
Dabei könnte das schwache Ergebnis des Chip-Riesen Intel noch negativ nachgewirkt haben, hiess es. Zudem folgen bald noch Zahlen der US-Schwergewichte Meta, Amazon, Alphabet und Apple. Für Unsicherheit gesorgt hätten auch Berichte mehrerer amerikanischer und europäischer Medien. Gemäss diesen haben die Niederlande und Japan bei Gesprächen in Washington offenbar zugestimmt, sich Amerikas strengen Verboten für den Chip-Export nach China anzuschliessen.
Unter klaren Kursverlusten litten auch die Papiere des Prüfkonzerns SGS (-0,8%) und des Asset Managers Partners Group (-1,2%), wobei Händler diese Bewegungen vor allem mit Ratingänderungen und Kurszielsenkungen begründeten. Die Grossbanken zeigten sich uneinheitlich: Während UBS (+0,5%) am Vortag der Zahlen weiter zulegten, waren CS (-1,9%) klar auf der Verliererseite zu finden.
Auf den hinteren Rängen brachen PolyPeptide (-6,8%) ein. Der Pharmazulieferer hatte den Abgang seines Chef vermeldet, ohne die Nennung von näheren Gründen. Interroll (+6,3%) legten nach Umsatzzahlen hingegen deutlich zu.
New York: Woche der Notenbanken und Tech-Giganten beginnt mässig
Die zuletzt freundlichen US-Aktienmärkte sind am Montag schwach in eine ereignisreiche Woche gestartet. Vor allem an der Nasdaq-Börse dominierte vor den ab Mittwoch anstehenden Geschäftszahlen mehrerer Tech-Giganten Vorsicht, so dass der Auswahlindex Nasdaq 100 1,75% auf 11’953,29 Punkte verlor.
Doch auch an der von traditionelleren Branchen geprägten New York Stock Exchange (Nyse) hielten sich die Anleger zurück, da ab der Wochenmitte neben den Berichten von Meta , Amazon , Alphabet und Apple auch der Zinsentscheid der US-Notenbank Fed sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England (BoE) erwartet werden. Während der Leitindex Dow Jones Industrial um 0,19% auf 33’912,58 Punkte sank, fiel der marktbreite S&P 500 um 0,81% auf 4037,67 Zähler zurück.
Nach dem starken Jahresstart an den Börsen sind laut HQ Trust temporäre Rückschläge an den Aktien- und Rentenmärkten wahrscheinlich. Michael Heise, der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters, begründete dies mit der immer noch hohen Inflation und der Unsicherheit über den Kurs der Geldpolitik im Kampf gegen die Teuerung. «Die Märkte unterschätzen, dass es noch keine Entwarnung für die Notenbanken gibt», sagte der Experte.
Die Fed wird am Mittwoch ihr Zinserhöhungstempo voraussichtlich erneut drosseln. Volkswirte gehen nach entsprechenden Signalen einer Reihe von Fed-Veteranen einschliesslich des Notenbankpräsidenten Jerome Powell diesmal von einer Anhebung um 0,25 Prozentpunkte aus - nach vier Zinsschritten um jeweils 0,75 Punkte hatten die Währungshüter im Dezember mit einer Erhöhung um 0,5 Punkte bereits den Fuss vom Gas genommen.
Mit Spannung wird indes auf Hinweise gewartet, wie die Fed im Jahresverlauf weitermachen wird. Einige Beobachter schliessen nicht aus, dass die am Mittwoch erwartete Leitzinserhöhung vorerst die letzte sein könnte. Zudem wird an den Märkten schon spekuliert, dass die Notenbank ihren Zins in der zweiten Jahreshälfte wieder senken könnte.
Der besonders zinssensible Technologiesektor hat diese Hoffnungen schon grosszügig eingepreist, wie der seit Jahresbeginn deutlich bessere Lauf der Nasdaq- gegenüber den Nyse-Indizes belegt. Dem Plus von aktuell 2,3 beziehungsweise 5,2% von Dow und S&P 500 steht ein gut neunprozentiger Kursanstieg des Nasdaq 100 gegenüber, der 2022 allerdings viel stärker als die Standardwerte-Indizes verloren hatte.
Die Verluste der Tech-Grössen Apple, Alphabet, Amazon und Meta im Nasdaq 100 fielen am Montag mit Ausnahme von Apple überdurchschnittlich aus. Pierre Veyret vom Broker ActivTrades begründete dies mit Gewinnmitnahmen. Auch in Asien und Europa hatte bereits eine Kurskorrektur bei Tech-Werten stattgefunden.
Die Anteilseigner des Elektroautobauers Tesla konnten sich nach einer zweitägigen Erholungsrally nur kurz über weitere Gewinne freuen - zuletzt sackten die Titel ungeachtet einer Kaufempfehlung der Privatbank Berenberg um über drei Prozent ab.
Dagegen erfreute der seit Jahresbeginn börsennotierte Medizintechnikkonzern GE Healthcare seine Aktionäre mit einem Kursplus von vier Prozent. Die Abspaltung des Mischkonzerns General Electric (GE) schloss zwar das vergangene Jahr mit einem Gewinnrückgang ab. Sie hielt sich damit aber besser als der niederländische Konkurrent Philips , der für 2022 einen Milliardenverlust bekannt gegeben hatte, und konnte zudem den Umsatz steigern.
Die in New York gelisteten Titel des Tübinger Impfstoffforschers Curevac zogen um viereinhalb Prozent an. Sie stabilisieren sich damit weiter nach ihren Schwankungen, die zuletzt ermutigende frühphasige Studiendaten zu neuen Covid- und Grippe-Impfstoffen ausgelöst hatten. Curevac lieferte nun nochmals ähnliche Daten nach, die für beide Indikationen ältere Erwachsene betreffen.
Bonds Schweiz: Abwärtstrend hält an - Renditen steigen
Die Schweizer Obligationenbörse tendiert auch zum Wochenstart schwächer. Damit setzt sich im Gegenzug auch der Renditeanstieg fort. Geschuldet ist dies unter anderem der überraschend gestiegenen Inflation in Spanien. Darauf hätten auch die Frankenswapsätze angezogen, was wiederum die Kurse der Zinspapiere belastete, heisst es am Markt.
Konjunkturdaten aus der Eurozone fielen uneinheitlich aus. So schrumpfte in Deutschland im Zuge von Rekordinflation und Energiekrise die Konjunktur zum Ende des vergangenen Jahres und blieb damit hinter den Erwartungen zurück. Dagegen hat sich die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone im Januar zum 4. Mal in Folge aufgehellt.
Auch in der Schweiz haben sich die Aussichten für die Wirtschaft markant aufgehellt. Das Kof-Konjunkturbarometer ist im Januar klar gestiegen. Ökonomen hatten im Vorfeld mit einem Anstieg gerechnet, allerdings nicht in diesem Ausmass.
Am Primärmarkt konnte die LGT Bank AG 250 Mio. Fr. für 10 Jahre mit einer Rendite von 2,477% aufnehmen. LGT sei ein begehrter Schuldner. Die Nachfrage sehr gut gewesen, obwohl Anleger eigentlich Anleihen mit kürzeren Laufzeiten bevorzugen würden, sagte ein Händler. Der Emissionsbetrag habe aufgestockt und der Swapspread auf +77 von 80-85 BP eingeengt werden können.
Am Freitag hatte sich die DZ Bank noch 125 Mio. Fr. für 6,5 Jahre mit einem Coupon von zu 2,625% geholt.
Der März-Conf-Future gibt zur Berichtszeit um 13.30 Uhr um 51 BP auf 141,20% nach. Der Umsatz beträgt 20 Kontrakte. Am Freitag war der Conf um 54 BP gesunken. Der für den Markt wegweisende Swiss Bond Index gibt um 42 BP nach auf 125,15% nach einem Minus von 31 BP am letzten Handelstag.
Sieben Eidgenossen notieren schwächer und einer fester. Die Rendite zweijähriger Anleihen der Eidgenossenschaft wurde zuletzt mit 0,987 und die der zehnjährigen mit 1,265% angegeben.
Der zehnjährige Kassazinssatz steigt auf 1,268 von 1,231% am Freitag.
Euro legt nach spanischen Inflationsdaten zu
Der Euro hat am Montag nach überraschend hohen Inflationsdaten aus Spanien phasenweise etwas zugelegt. Am späten Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1.0870 $. Zeitweise war der Kurs über die Marke von 1.09 $ gestiegen, büsste die Gewinne dann aber wieder ein.
Der Franken verlor derweil zu beiden Hauptwährungen. Das EUR/CHF-Währungspaar kostete am frühen Montagabend 1.0037 nach 1.0010 Fr. am Morgen. Und USD/CHF ging zuletzt bei 0.9233 um nach 0.9211 Fr. am frühen Morgen.
Auslöser der Euro-Gewinne war, dass die Inflation in der viertgrössten Euro-Volkswirtschaft Spanien zu Jahresbeginn überraschend gestiegen ist. Die nach europäischen Standards ermittelte Rate (HVPI) erhöhte sich im Januar von 5,5% im Vormonat auf 5,8%. Bankvolkswirte hatten hingegen einen Rückgang prognostiziert. Obwohl der Anstieg auch auf statistische Umstellungen zurückzuführen sein dürfte, ist es keine gute Nachricht für die EZB. Die Notenbank stemmt sich bereits seit einiger Zeit mit höheren Leitzinsen gegen die hohe Teuerung.
Zudem hat sich die Wirtschaftsstimmung in Eurozone merklich aufgehellt. Der von der EU-Kommission erhobene Indikator verbesserte sich den vierten Monat in Folge. Enttäuschende Daten aus Deutschland zum Wirtschaftswachstum bewegten den Euro kaum. Das Bruttoinlandprodukt war im vierten Quartal um 0,2% geschrumpft. Erwartet wurde hingegen eine Stagnation.
Insgesamt bewegte sich der Devisenhandel aber in ruhigen Bahnen, da er auf geldpolitische Entscheidungen wartet. An diesem Donnerstag entscheidet der EZB-Rat über den geldpolitischen Kurs. Es wird mit einer abermaligen Zinserhöhung gerechnet. Zudem wird am Mittwoch die US-Notenbank ihre Entscheidung bekannt geben. Erwartet werden auch eine Vielzahl von wichtigen Konjunkturdaten.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0.87978 (0.87885) britische Pfund und 141.79 (141.10) japanische Yen fest.
Ölpreise geben etwas nach
Die Ölpreise haben am Montag etwas nachgegeben. Am Nachmittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im März 86.42 $. Das waren 24 Cent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 18 Cent auf 79.53 $.
Nur kurzzeitig wurden die Erdölpreise durch einen Anschlag auf eine iranische Militäranlage bewegt, den das «Wall Street Journal» Israel zuschrieb. Spannungen im Nahen Osten werden am Rohölmarkt oft genau verfolgt, da in der Region viele ölreiche Länder wie Iran ansässig sind.
In der neuen Woche stehen unterdessen zahlreiche Ereignisse an, die am Markt für Preisbewegung sorgen könnten. Zum einen treffen die grossen Notenbanken aus den USA, der Eurozone und Grossbritannien ihre Zinsentscheidungen. Zum anderen werden viele wichtige Konjunkturdaten erwartet.
Die Lage am Rohölmarkt ist tendenziell durch eine moderate Erholung gekennzeichnet. Hierzu trägt in erster Linie die Abkehr Chinas von seinem strikten Corona-Kurs bei. Marktteilnehmer erhoffen sich eine konjunkturelle Belebung, die auch mit einer grösseren Energienachfrage einhergehen dürfte.
AWP/REUTERS
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