Börsenbericht vom 04. November 2022SMI: Starker Freitag bringt knappes Wochenplus
Nach der jüngsten schwachen Entwicklung, gab es am Freitag am Schweizer Aktienmarkt eine Gegenbewegung.

Der Schweizer Aktienmarkt hat am Freitag markant zugelegt und damit auch die fünfte Woche in Folge mit steigenden Kursen beendet. Allerdings hat der Schwung in der abgelaufenen Woche nachgelassen. Gestützt wurden die Aktien vor Wochenschluss von Hoffnungen auf eine Lockerung der Corona-Massnahmen in China. Der solid ausgefallene US-Arbeitsmarktbericht sorgte am Nachmittag für zusätzlichen Schub, allerdings nur vorübergehend. Gegen Handelsende büsste der SMI analog zu den abbröckelnden Gewinnen in den USA einen Teil der Gewinne wieder ein. Der Arbeitsmarkt in den USA bewege sich zwar in der richtigen Richtung, die Abkühlung erfolge aber weiter sehr langsam, was kaum für ein Nachlassen des Fed bei der Bekämpfung der Inflation führen dürfte, so der Tenor am Markt.
Ob die hiesigen Aktien im September das Jahrestief schon gesehen haben, bleibt weiterhin in der Schwebe. Das Sentiment sei zuletzt von den Äusserungen von Fed-Chef Jerome Powell belastet worden, wonach die Leitzinsen möglicherweise stärker angehoben werden müssten als vorgesehen, hiess es weiter. Und laut einem Kommentar des Anlagechefs einer Kantonalbank sollten die Investoren zwar an ihren Aktienpositionen festhalten, für einen Ausbau sei es wegen der steigenden Inflation und der weiterhin aktiven Notenbanken aber noch zu früh. "Sitzleder ist gefragt", lautet sein Motto.
Der SMI schloss 0,72% höher bei 10'787,77 Punkten. Nachdem der Leitindex im Oktober vier Wochen in Folge zugelegt hatte, beendete er die erste Novemberwoche erneut mit einem Plus, mit 0,1% ist es allerdings sehr knapp ausgefallen.
Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, zog um 1,37% auf 1625,98 Punkte an und der breite SPI um 0,81% auf 13'757,97 Punkte. Im SLI kamen auf 27 Gewinner 3 Verlierer.
Die grössten Gewinne verbuchten Swatch (+7,6%) und Richemont (+6,8%), welche wie etwa auch Schindler (+4,2%) von den Spekulationen um China Rückenwind erhalten. China gilt als wichtigster Einzelmarkt für die Luxusgüterindustrie, aber auch für den Lift- und Rolltreppenhersteller.
Dahinter waren auch konjunktursensitive Aktien wie Sika (+3,9%) oder Adecco (+3,0%) gesucht.
AMS Osram (+3,6%) erholten sich seit der Bekanntgabe des Quartalsberichts am vergangenen Mittwoch deutlich. Noch immer liegen sie in der Jahreswertung mit einem Minus von beinahe 60 Prozent am Ende der SMI/SLI-Tabelle.
Weit vorne landeten auch Straumann (+4,0%), welche damit ihre Verluste des Vortages wieder wettmachen. Der Titel bewegte sich über die vergangenen beiden Tage stärker als noch am Mittwoch im Anschluss an die Publikation der Quartalszahlen.
Die beiden Grossbanken CS und UBS fielen im breiten Mittelfeld nicht weiter auf, zogen aber wie beispielsweise die Industrietitel Holcim und ABB rund 2% an. Die CS-Aktien haben damit seit dem Absturz um beinahe 19% wegen der Enttäuschung über die Restrukturierungen und die Verluste vom Donnerstag der Vorwoche erst einen Teil dieser Abgaben wieder aufgeholt.
Wie oft an einem Tag mit erhöhter Risikobereitschaft waren hingegen defensive Titel weniger gefragt. Roche (-1,7%) markierten als einer der wenigen Verlierern das Schlusslicht. Auch Novartis (-0,1%) gaben moderat nach, während Nestlé (+0,5%) zumindest weit hinten zu finden waren.
Im breiten Markt stachen Meyer Burger (-12%) heraus. Die Papiere waren am Vortag um fast 14% gestiegen. Der grösste Einzelaktionär, Sentis Capital Cell3 PC, unterstützt den angeschlagenen Solarzellenhersteller und hat im Rahmen der laufenden Kapitalerhöhung alle Bezugsrechte ausgeübt. Er wird nach der Kapitalerhöhung 10% an Meyer Burger halten.
Zur Rose (+7,8%) machten in etwa die Hälfte der Verluste des Vortages wieder gut.
Aktien New York: Kräftige Erholung
Die US-Börsen haben sich am Freitag nach dem US-Arbeitsmarktbericht von ihren jüngsten Verlusten erholt. Der Dow Jones Industrial stieg nach der ersten Handelsstunde um 1,67% auf 32’537,18 Punkte. Auf Wochensicht zeichnet sich damit für den Leitindex aber noch ein Verlust von fast 1% ab. Der marktbreite S&P 500 gewann am Freitag 1,81% auf 3787,27 Zähler.
Auch der in den vergangenen Tagen besonders schwache technologielastige Nasdaq 100 legte zu und gewann 1,97% auf 10’901,39 Zähler. Am Vortag war er noch in Richtung seines Jahrestiefs abgerutscht. Die wohl noch länger steigenden Zinsen in den USA hatten Techwerte in dieser Woche besonders belastet. Die bisherige Wochenbilanz mit derzeit minus 5,6% für den Nasdaq 100 spiegelt dies wider.
Im Oktober schuf die US-Wirtschaft deutlich mehr Arbeitsplätze als erwartet. Dazu gewann der Lohnanstieg überraschend etwas an Dynamik. Er blieb aber klar hinter der noch höheren Inflationsrate zurück. Helaba-Experte Ulrich Wortberg sprach von einer weiter soliden Arbeitsmarktverfassung. «Daher gibt es für die US-Notenbank auch keinen Grund, den Zinserhöhungsprozess zu beenden. Zwar könnten die Zinsschritte allmählich kleiner werden, das Zinstop ist aber noch längst nicht erreicht.»
Diese Einschätzung deckt sich auch in etwa mit Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell vom Mittwoch. Demnach könnten die Währungshüter schon im Dezember ihre Leitzinsen weniger deutlich als zuletzt anheben. Powell hatte aber auch keinen Zweifel daran gelassen, die Zinserhöhungen fortzusetzen..
Neben dem Arbeitsmarktbericht standen am Freitag etliche Unternehmensnachrichten im Fokus. Beim Online-Bezahldienst Paypal wog das starke Umsatzwachstum im Sommer die enttäuschenden Ziele für das Schlussquartal offenbar nicht auf. Der Aktienkurs sank um 3% Das Unternehmen rechnet mit einer deutlichen Abschwächung der Umsatzdynamik.
Die Aktien von Starbucks gewannen rund 9%. Die weltgrösste Café-Kette hatte im vergangenen Quartal einen Rekordumsatz verzeichnet und lag mit dem Gewinn trotz einer guten Halbierung zum Vorjahr über den Erwartungen.
Amgen standen 0,8% höher. Der Biotechkonzern meldete dank starker Medikamentenverkäufe und einer erfolgreichen Kostenkontrolle eine überraschend starke Umsatz- und Ergebnisentwicklung.
Die Papiere des Cloudsoftware-Anbieters Twilio brachen um knapp ein Drittel ein. Die guten Quartalszahlen konnten den schwachen Ausblick auf das Schlussquartal offenbar nicht kompensieren. Etliche Analysten stuften die Titel zudem ab.
Die in New York gehandelten Anteile von Biontech legten um gut 7% zu. Laut dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Unternehmen von Peking grünes Licht für die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech und Pfizer für in China lebende Ausländer bekommen. Zudem ist eine Auffrischungsimpfung mit dem angepassten Corona-Impfstoff von Biontech und Pfizer nach Unternehmensangaben deutlich wirksamer als das ursprüngliche Vakzin. Die Pfizer-Titel gewannen 1,7%.
Dollar unter Franken-Parität
Der Eurokurs ist am Freitag nach der Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts auf den höchsten Stand seit Dienstag gestiegen. Am Nachmittag notierte die Gemeinschaftswährung bei 0.9891 $ und damit rund anderthalb Cent höher als am Vorabend.
Der US-Dollar gab auch gegenüber dem Franken markant nach und rutschte auch unter die Parität, nachdem er Vorabend noch über 1.01 gekostet hatte. Derzeit wird er zu 0.9978 gehandelt, am Mittag waren es noch 1.0065. Der Euro legte am Nachmittag leicht auf 0.9870 zu.
Die Gemeinschaftswährung machte ihre Verluste der laufenden Woche fast gänzlich wieder wett. Ausschlaggebend war der US-Arbeitsmarktbericht am Mittag. Demnach stiegen Beschäftigung und Löhne zwar stärker als erwartet. Allerdings legte auch die Arbeitslosenquote zu. Die Daten deuten darauf hin, dass die US-Notenbank Fed langsam kleinere Zinsschritte machen kann, wie Chefvolkswirt Ian Shepherdson von Pantheon Economics kommentierte. Der Dollar profitiert grundsätzlich von steigenden Leitzinsen in den USA. Er gab zu allen wichtigen Währungen nach.
Diesseits des Atlantiks deuteten Daten auf eine leichte Entspannung bei der Teuerung hin. Der Anstieg der Erzeugerpreise in der Eurozone hat sich im September auf sehr hohem Niveau etwas abgeschwächt. Mit 41,9% lag die Jahresrate aber nur knapp unter ihrem Rekordwert vom Vormonat, wie am Vormittag bekannt wurde. Besonders stark stiegen die Herstellerpreise erneut im Energiesektor. Diese wirken sich zeitverzögert auch auf die Verbraucherpreise aus, an denen die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik orientiert.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde stellte unterdessen weitere Zinserhöhungen in Aussicht. Man müsse die Zinsen möglicherweise auf ein restriktives Niveau anheben - also ein Niveau bei dem das Wirtschaftswachstum gebremst wird. «Unser Job ist noch lange nicht beendet», sagte sie im estnischen Tallinn.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0.87478 (0.87228) britische Pfund, 145.19 (144.58) japanische Yen und 0.9863 (0.9889) Fr. fest.
Ölpreise steigen deutlich
Die Ölpreise haben am Freitag deutlich zugelegt. Am Markt wurde erneut auf eine Lockerung der strikten Corona-Politik spekuliert. Dies schürte die Hoffnung auf eine höhere Nachfrage.
Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 97.73 $. Das waren 3.13 $ mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 3.44 $ auf 91.61 $.
In den sozialen Medien kursierten abermals Gerüchte, dass China vor einem Wandel der Corona-Politik stehen könnte. Bereits im Verlauf der Woche hatte es Spekulation über eine mögliche Abkehr von der strikten Null-Covid-Strategie der Führung in Peking gegeben, die von Chinas Behörden aber zurückgewiesen wurden. Dennoch hätten die Investoren am Ölmarkt erneut auf eine mögliche Lockerung gesetzt, hiess es von Marktbeobachtern, was die Preise kräftig nach oben trieb.
Das konsequente Vorgehen in China gegen die Ausbreitung des Coronavirus führte in den vergangenen Monaten immer wieder zu umfangreichen Lockdowns. Analysten der Bank of China International gehen davon aus, dass als Folge der harten Corona-Politik die Ölnachfrage in China in diesem Jahr um durchschnittlich 400’000 Barrel pro Tag gesunken ist.
Rohstoffexperten der Commerzbank verwiesen darüber hinaus auf die beschlossene Kürzung der Fördermenge durch den Ölverbund Opec+, die für Auftrieb bei den Ölpreisen sorge. Darüber hinaus stütze auch die geplante Preisobergrenze für russisches Rohöl, hiess es weiter.
Saudi-Arabien hat unterdessen seine Preise für die asiatischen Länder reduziert. Die harte Corona-Politik in China und steigende Leitzinsen dämpfen die Nachfrage in Asien. Die Entscheidung war jedoch an den Märkten erwartet worden und wirkte sich nicht auf die Kurse aus.
AWP/REUTERS
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