DekantiertTerroir als Differenzierungsmerkmal
Warum die Frage, wie wichtig die Herkunft eines Weines ist, die Geister scheidet.

Über wenig wird in der Weinbranche so hitzig debattiert wie über den französischen Begriff Terroir. Für die einen sind Terroirweine der Gegenentwurf zu Globalisierung und Industrialisierung, für die anderen ist Terroir eher ein Unwort.
Dass ein Terroir mit seinen spezifischen Boden- und Klimaverhältnissen einen bedeutenden Einfluss auf die Qualität der Trauben und den Geschmack des jeweiligen Weines hat, ist eigentlich einleuchtend. Aber wenn der Zusammenhang so klar ist, warum gibt es dann solche Diskussionen über diesen Begriff?
Nicht selten artet die Frage, ob Weine Terroirprägung zeigen oder nicht, nämlich sogar in philosophische Streitereien aus. Es stehen sich in dieser Frage zwei Lager gegenüber: Einerseits die «Terroiristen», die die Einzigartigkeit der Lage in den Weinen wiedererkennen wollen. Andererseits die Skeptiker. Sie gestehen der Herkunft eines Weines allenfalls einen marginalen Beitrag zum sensorischen Gesamtbild zu.
Unabhängig von der Frage, was die Typizität von Weinen prägt, gibt es aus Vermarktungssicht Kunden, die authentische Produkte suchen. Die Zielgruppe für Terroirweine ist bereit, für Produkte mit Herkunft mehr Geld auszugeben. Es ist eine Marketing-Binsenweisheit, dass für Qualitätsprodukte, die einzigartig, kaum kopierbar und somit unterscheidbar sind, höhere Preise bezahlt werden.
Eine Region wie die Bündner Herrschaft, ein geologisch homogenes Gebiet wie Chablis oder gar eine Einzellage wie Montrachet haben das Potenzial, einen terroirspezifischen Markencharakter aufzubauen. Dieses Potenzial wird in den aussereuropäischen Anbaugebieten allerdings noch kaum ausgeschöpft, in Europa erst sporadisch. Die Ausnahme sind Frankreich und Italien, wo die bekanntesten Weine als Burgunder und Bordeaux oder Brunello und Barolo und nicht nach Rebsorten benannt sind.
Der Terroiransatz stellt eine starke Verbindung zwischen einem Wein und der lokalen Kultur her. Seine Komplexität kann die Konsumenten jedoch auch verwirren. Vereinfacht und sicher etwas zu generell ausgedrückt, versucht die Alte Welt, den Terroirgedanken zu betonen, während sich die Neue Welt auf die Rebsorten konzentriert.
Lokale Weine werden daher eher als in kleinen Mengen hergestellte landwirtschaftliche Produkte wahrgenommen, viele Überseeweine demgegenüber eher als industriell hergestellte Getränke. Diese Wahrnehmung hält einer genauen Überprüfung jedoch kaum stand und ist letztlich auch kein objektives Differenzierungs- oder gar Qualitätskriterium.
Die Etikettierung anhand der Rebsorten ist zwar weniger vielfältig, aber für den Konsumenten oftmals leichter zu verstehen. Verschiedene Rebsorten haben unterschiedliche geschmackliche Eigenschaften, und die Konsumenten finden sich mit den wenigen und bekannten Weinsorten der Neuen Welt meistens recht gut zurecht.
Die unterschiedliche Herangehensweise der Alten und der Neuen Welt beginnt sich jedoch aufzulösen. Zunehmend scheint der einfachere Ansatz der Rebsortenbezeichnung passender für Standardweine, während der Ansatz der Herkunftsbezeichnung besser für höherwertige Weine geeignet ist.
In der Alten Welt beginnen sich die Weingesetze der grossen Anbauländer dahingehend zu ändern, dass die kommerzielleren Weine einfacher nach Sorten etikettiert werden können, was die Schaffung stärkerer Marken wie zum Beispiel südfranzösischer Cabernet Sauvignon oder italienischer Pinot Grigio ermöglicht.
Gleichzeitig finden die Produzenten in der Neuen Welt heraus, welche Rebsorten in welchen Lagen am besten gedeihen. Verschiedene Regionen und Lagen entwickeln einen Ruf, der stark genug ist, um die Weine nach «Bezeichnungen», die mehr als nur die Rebsorte und die Grossregion spiegeln, zu vermarkten.
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