ZinspolitikTürkische Zentralbank rührt Leitzins erstmals seit Monaten nicht an
Trotz sehr hoher Inflation hatte die Notenbank ihren Leitzins zuvor innerhalb von vier Monaten um 5 Prozentpunkte gesenkt.

Die türkische Zentralbank hat ihren Leitzins am Jahresende nach zuvor vier Senkungen in Folge nicht angetastet. Er bleibe unverändert bei 9,0%, wie die Währungshüter am Donnerstag mitteilten. Es sei «von entscheidender Bedeutung», dass die Geldpolitik die Konjunktur weiterhin mit billigem Geld unterstütze. Dank der von ihr ergriffenen Massnahmen sei nun mit einem Rückgang der Inflation zu rechnen. Die Notenbank hatte ihren Leitzins zuvor innerhalb von vier Monaten um 5,0 Prozentpunkte gesenkt und dies mit einer Konjunkturabschwächung begründet, während die Zentralbanken in der ganzen Welt wegen der Inflation in die andere Richtung gehen.
Der Preisauftrieb in der Türkei hat sich zuletzt nur leicht abgeschwächt. Die Teuerungsrate sank im November auf 84,4%, nachdem sie im Oktober einen Höchststand von 85,5% erreicht hatte. Experten gehen davon aus, dass der Wert im zu Ende gehenden Monat auf etwa 65 bis 70% zurückgehen könnte – vor allem durch einen Basiseffekt, da die Preise Ende 2021 bereits deutlich erhöht waren. Die hohe Inflation nagt an der Kaufkraft der Türken. Der monatliche Mindestlohn soll deshalb laut Präsident Recep Tayyip Erdogan 2023 spürbar auf 8500 Lira (ca. 429 Fr.) steigen. Dies sei eine Erhöhung um gut 50% zum Juli und um 94% gegenüber Januar 2022.
Bei Ökonomen sorgt der Kurs der Notenbank für Kopfschütteln. Die grosse Mehrheit der Experten empfiehlt, die starke Teuerung mit höheren Zinsen zu bekämpfen, wie das etwa die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) versuchen. Argentinien, wo die Inflationsrate ebenfalls bei mehr als 80% liegt, hat den Leitzins auf mittlerweile 75% festgesetzt.
Höhere Zinsen könnten die türkische Landeswährung Lira stützen, die allein im vergangenen Jahr mehr als 44% an Wert verloren hat, in diesem Jahr noch einmal um etwa 30%. Das kurbelt zwar die Exporte an, weil türkische Waren auf den Weltmärkten preislich wettbewerbsfähiger werden. Gleichzeitig wird damit die Inflation weiter befeuert, da Importe dadurch teurer werden.
REUTERS
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