GrossbankenfusionUBS soll kurz vor Übernahme von CS stehen
Bund und Banken wollen wohl bis Sonntagabend einen Fahrplan für einen Kauf der Credit Suisse vorlegen. UBS verlange dafür milliardenschwere Staatsgarantien. Ex-SNB-Präsident Philipp Hildebrand soll involviert sein.

UBS und Konkurrentin Credit Suisse könnten vor einem Zusammenschluss stehen. UBS soll CS dabei komplett oder teilweise erwerben. Das berichten mehrere Medien unter Berufung auf verschiedene mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Am Wochenende sollen mehrere Treffen der Verwaltungsräte und Teams beider Banken stattfinden, um sich auf einen Deal zu verständigen. Der Bundesrat hat sich am Samstagabend im Finanzdepartement in Bern zur Dringlichkeitssitzung getroffen.
Eine Einigung könnte am Sonntag stehen und durch Bund und Banken kommuniziert werden. Auch Philipp Hildebrand, Ex-Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und heutiger Vize-Präsident des US-Fondsriesens BlackRock, soll laut Nachrichtenagentur «Bloomberg» in unklarere Rolle involviert sein.
Knackpunkt Investmentbank
Ein mögliches Szenario wäre, dass UBS das Private Banking und das Asset Management der CS übernehmen würde. Das Schweizer Geschäft würde ausgegliedert und die Investmentbank (IB) wie geplant abgespalten werden. Die Analysten von JPMorgan gaben im Februar dem Private Banking von CS noch einen Wert von 10 Mrd. Fr. und dem Asset Management von 1,4 Mrd. Fr.
Unter anderem wegen der skandalträchtigen CS-IB verlange UBS gewisse Staatsgarantien, die zukünftige Rechtskosten oder potenzielle Verluste abdecken würden. Laut «Reuters» wird hier eine Summe von 6 Mrd. $ herumgereichet, für die der Schweizer Staat haften soll.
Die Verhandlungen seien auf Druck der SNB und der Finanzmarktaufsicht (Finma) zu Stande gekommen. Zuvor fand am Donnerstag eine Sitzung des Bundesrats statt zusammen mit den Verantwortlichen von SNB und Finma, nach der sich keiner der Beteiligten öffentlich äussern wollte.
Behörden machen Druck
Am Freitagabend hätten die Schweizer Behörden ihre Kollegen in den USA und Grossbritannien informiert, dass die Fusion der Banken «Plan A» sei. Da UBS und CS substanzielle Geschäfte in den USA betreiben, sollen auch die US-Behörden, die sich nicht zum Thema äussern, ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben.
Der Bund strebe eine unkomplizierte Lösung bis Sonntagabend und vor Öffnung der Märkte am Montag an. Laut Zeitung «Financial Times» habe der Deal auch schon am Samstagabend stehen können. UBS und CS wollten sich zu den Berichten nicht äussern.
Eine komplette CS-Übernahme ist für UBS potenziell mit jahrelanger Arbeit und Umstrukturierungen verbunden. Offen bleibt, wie freiwillig also UBS-Präsident Colm Kelleher und CEO Ralph Hamers wirklich zur Rettung der CS antreten und was die genauen Bedingungen sind, die sie ausverhandeln können.
Massenentlassungen befürchtet
Selbst bei einer möglichst kompletten Übernahme wären aus wettbewerbsrechtlichen Gründen bestimmte Geschäftseinheiten womöglich ausgeschlossen. Wie «Finanz und Wirtschaft» erfahren hat könnte laut Insidern das CS-Hypothekengeschäft an Raiffeisen oder die Zürcher Kantonalbank verkauft werden.
Im Private Banking und dem Asset Management dürften sich dem Vernehmen nach viele Funktionen der beiden Grossbanken verdoppeln, womit eine entsprechende Anzahl an Mitarbeitern obsolet wäre. So wird in der Branche eine grosse Kürzungswelle erwartet, die in die mehrere zigtausende Stellen gehen könnte. CS ist zudem eine der grössten Steuerzahlerinnen im Kanton Zürich, der Wegfall dürfte also auch daher ins Staatskontor schlagen.
Laut «Bloomberg» sei auch die Deutsche Bank an gewissen Teilen des Private Banking oder Asset Managements von CS interessiert. Die deutsche Grossbank wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern. Laut «Financial Times» arbeite zudem der amerikanische Asset-Management-Riese BlackRock an einer Konkurrenzofferte für CS. Ein Sprecher des US-Konzerns verneint dies allerdings.
Grossaktionär verschärfte Lage
Die CS-Aktien legten nachbörslich nach den Berichten am Freitag zu. Im regulären Schweizer Handel hatten sie davor rund 8% an Wert verloren. CS kämpft seit Tagen mit einem Vertrauensschwund von Anlegern und Kunden. Auslöser waren ursprünglich hausgemachte Probleme, weshalb Kunden im vergangenen Jahr 123 Mrd. Fr. an Geldern abzogen. Die Krise rund um die amerikanische Silicon Valley Bank befeuerte die Verunsicherung weiter.
Die Lage so richtig zum Eskalieren brachte dann ausgerechnet der grösste CS-Aktionär, die Saudi National Bank. Ihr Präsident schloss am Mittwoch eine weitere Kapitalspritze für die Grossbank kategorisch aus. Die Aktie verlor daraufhin zeitweise rund 30% und stürzte auf ein Allzeittief ab.
Am Mittwochabend sprachen SNB und Finma der CS öffentlich das Vertrauen aus. Die SNB gab die Zusage, sie würde im Bedarfsfall der Grossbank Liquidität zur Verfügung stellen. In der Nacht auf Donnerstag griff CS zu und nahm einen Notfallkredit im Volumen von 50 Mrd. Fr. auf. Es war das zweite Mal in der Geschichte, dass der Staat zur Rettung einer Schweizer Grossbank eingreifen musste.
Notfallkredit beruhigt nicht
Das beruhigte die Lage nur kurz. Am Freitag stürzte die CS-Aktie wieder ab, die Prämien auf Kreditausfallversicherungen der Bank sind weiter extrem hoch und ihre Kreditwürdigkeit befindet sich nur noch wenige Schritte über dem Ramschniveau. Wie «Finanz und Wirtschaft» erfahren hat, verliert CS zudem weiterhin Kundengelder. Laut «Financial Times» seinen in der vergangen Woche täglich mehr als 10 Mrd. Fr. abgeflossen.
Sollte es zu einer Übernahme der CS durch die Konkurrentin vom Paradeplatz kommen, dann ginge damit eine 167-jährige Geschichte zu Ende, die mit der Gründung der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) 1856 durch Alfred Escher begann. Es wäre die zweite helvetische Institution mit «Schweiz» im Namen, die verschwinden würde – und das finale Kapital der Grossbankenfusionen im Lande.
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