Personalvermittler Was der neue Adecco-Chef liefern muss
Der Jobvermittler muss klotzen, um den Markt von sich zu überzeugen. Vieles läuft richtig, doch CEO Denis Machuel bleibt gefordert.

Denis Machuel ist nicht zu beneiden. Der CEO von Adecco sieht sich rund hundert Tage nach seinem Antritt im Juli mit diversen Baustellen konfrontiert. Sein Verwaltungsrat erwartet, dass er das Wachstum ankurbelt. Seine Investoren, dass die Aktien aus dem Tief kommen. Dass Adecco viel Kapital investiert hat, um diese Transformation zu stemmen, macht sichtbare Erfolge dringender. Anlässlich der Präsentation der Zahlen zum dritten Quartal wird sich Machuel am 3. November zum ersten Mal öffentlich äussern – und hoffentlich spürbar machen, warum es ihn an der Spitze braucht.
Der Druck ist gross. Dem Vernehmen nach hat sein Vorgänger Alain Dehaze nicht wie gewünscht geliefert, was den Wechsel auf dem Chefposten beschleunigt haben dürfte. In seiner Zeit an der Spitze sind die Adecco-Valoren um rund die Hälfte gefallen, während der breite Schweizer Aktienmarkt deutlich avanciert ist. 2020 haben sie in der Konsequenz ihren Platz im SMI verloren. Die strategische Führung macht spürbar, dass sie von Machuel viel erwartet. Adecco-Verwaltungsratspräsident Jean-Christophe Deslarzes äusserte sich im Mai im Interview mit FuW dahingehend, Machuels bisherige Erfahrung sei für das nächste Kapitel von Adecco «sehr wertvoll».
Knacknuss US-Geschäft
Die wertvolle Erfahrung betrifft zum einen den Chefposten bei Sodexo, den der 48-Jährige vor seinem Wechsel innehatte. Der französische Cateringkonzern mit mehr als 17 Mrd. € Umsatz soll in den USA ein Problem mit zu wenig Wachstum gehabt haben, dem Machuel ein Ende gesetzt hat, so das Narrativ. Warum ist das relevant? Just im US-Geschäft harzt es in der klassischen Personalvermittlung seit längerem. Die Sparte, die unter der Marke Adecco läuft, ist global für den allergrössten Teil des Umsatzes verantwortlich (vgl. Grafik). In den USA hat Konkurrent Randstad Adecco Marktanteile abgejagt. Die Niederländer haben Adecco bezüglich Wachstum regelrecht vorgeführt.
Zwar schliesst Adecco die Wachstumslücke kontinuierlich, die dafür nötigen Investitionen haben sich im ersten Halbjahr allerdings negativ auf die Gewinnmarge ausgewirkt. Die Zahlen für das dritte Quartal werden mehr Aufschluss liefern, ob der Plan, in den USA mit guten Margen wieder zur Spitzengruppe der Personalvermittler aufzurücken, realistisch ist.
Der zweite relevante Erfahrungsschatz sind Machuels sechzehn Jahre in verschiedenen Positionen beim französischen Consultingunternehmen Altran. Altran konkurriert mit Adecco im Beratungsgeschäft, einem Bereich, den Adecco mit der Übernahme der darauf spezialisierten Akka Technologies 2021 massiv ausgebaut hat. Konkret begleiten und beraten Unternehmen wie Altran – die heute zu Capgemini gehört – und Akka ihre Auftraggeber bei der Entwicklung verschiedenster Projekte und Dienstleistungen. Ein Service, der beispielsweise von Technologie- oder Industrieunternehmen geschätzt wird.
Mit Beratungsdiensten lassen sich attraktivere Margen erwirtschaften als mit der Jobvermittlung. Adecco zielt für Akkodis – das kombinierte Geschäft von Akka und dem bisherigen Bereich Modis – auf 7 bis 10% Ebitda-Marge, für die Gruppe auf 3 bis 6%. Dass die Beratungsbranche weniger von der Konjunktur abhängig ist und mit der Zeit die Wachstumskurve glättet, ist ein willkommener Nebeneffekt. Das zugekaufte Akka-Geschäft zu voller Blüte zu entfalten, ist ein Fokus, an dem sich Machuel wird messen lassen müssen.
Was bremst die Aktien?
Damit verbunden ist die nicht offiziell geäusserte Erwartung, den Markt vom neuen Kurs zu überzeugen. Damit tut sich Adecco auch unter Machuel schwer. Die Aktien notieren auf dem tiefen Niveau von vor 25 Jahren. Im Vergleich zum Stand vor Corona haben sie über 50% verloren.
Eine Interpretation dieser Kursschwäche, die deutlich ausgeprägter ist als die allgemeine Baisse, ist schwierig. Die Aussicht auf eine globale Rezession hilft den Titeln schon mal nicht. Sinkt das Stellenangebot, sinkt auch die Nachfrage nach den Diensten des Personalvermittlers. Und noch sind die antizyklischen Dienste rund um Beratung, Weiterbildung und Fachkräftevermittlung nicht umsatzstark genug, um die Lücke voll auszugleichen.
Allerdings zeigen sich in der Nachfrage nach Jobvermittlung bislang keine Bremsspuren. Das deckt sich mit den Erwartungen der Analysten, die für das dritte und das vierte Quartal von einem steigenden Umsatz, jedoch von weniger Gewinn ausgehen. Dass die operative Marge tiefer ausfallen dürfte als auch schon, ist kein Anlass zur Sorge. Hoch ist sie seit jeher nicht, wobei Adecco mit ihrer Transformation just an dieser Stelle ansetzt. Bereits reizvoll ist die geschätzte Dividendenrendite von 9,1% für 2022. Sie macht die Titel zum Schnäppchen für jeden Dividendenjäger. Und je nachdem, wie sich Denis Machuel schlägt, kommt früher oder später auch wieder Leben in den Aktienkurs.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Aktien-Alert
Von ABB bis Züblin – erhalten Sie sofort eine E‑Mail, sobald ein neuer Artikel zum Unternehmen Ihrer Wahl erscheint.
Um diesen Service zu nutzen, müssen Sie sich einloggen oder registrieren.