Kaffee mit Patrick Mollet«Wenn man nur dann eine gute Kultur hat, wenn alle im Büro sind, hat man ein Problem»
Aus der Fernsehsendung «Die Höhle der Löwen Schweiz» ist Mollet bekannt als Investor, er betreibt aber auch sein eigenes Unternehmen, das mit den Kunden an ihrer Unternehmenskultur arbeitet.

Hie und da kommt es vor, dass jemand Patrick Mollet lange mustert und versucht herauszufinden, woher er ihn kennt. Meist stellt sich dann heraus, dass er ihn gar nicht kennt, nicht persönlich zumindest, sondern nur vom Fernsehen. Denn dort ist der 45-Jährige aktuell wieder zu sehen, als Löwe, als potenzieller Investor also, in «Die Höhle der Löwen Schweiz». In der Sendung, die auf 3+ läuft, entscheidet Mollet nach einem dreiminütigen Pitch von Start-up-Gründerinnen und -Gründern, die er zuvor nie gesehen hat, ob er sein privates Geld in deren Unternehmen investieren will.
Ganz so definitiv, wie es am Fernsehen vermittelt wird, ist der Investitionsentscheid indes nicht. «Es kommt zum Beispiel vor, dass Gründer aus Nervosität etwas falsch darstellen», sagt Mollet. Deshalb hat er das Recht, nach der Sendung nochmals auf seinen Entscheid zurückzukommen. Das wissen auch die Gründerinnen und Gründer. Manchmal kommt es sogar vor, dass die Start-up-Gründer selbst auf die Investition verzichten, etwa weil sie schon einen anderen Geldgeber gefunden haben, oder weil sie den Auftritt im Fernsehen eher zu Werbezwecken benutzen. «Die allermeisten Deals kommen aber zustande», sagt Mollet.
Mollet hatte übrigens schon mal die Chance, einem noch viel grösseren Fernsehpublikum bekannt zu werden. Vor zehn Jahren wurde er für die allererste Staffel der Sendung «Der Bachelor» angefragt, lehnte aber ab. Statt am Fernsehen seine Traumfrau zu suchen, baute er gemeinsam mit anderen das Unternehmen BuddyBroker auf, eine Mitarbeiter-Empfehlungs-Plattform. 2016 verkauften die Gründer und Investoren das Unternehmen an Xing. So kam Mollet zu seinem Vermögen, das er nun in Start-ups investiert.
Fernseh-Investor ist aber nur sein Nebenjob. Hauptberuflich arbeitet Mollet heute für ein Unternehmen, das sich seit Corona einer enormen Nachfrage erfreut: Great Place to Work heisst es. Sein Versprechen: die Unternehmenskultur seiner Kunden verbessern. Doch wie geht das? Mollet hält fest, dass es keine richtige oder falsche Unternehmenskultur gibt. Die Mitarbeiter müssen sich schlicht wohlfühlen. In einem ersten Schritt wird daher eine umfassende Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Aus den Resultaten lassen sich dann Massnahmen ableiten. Laut Mollet hängt die Unternehmenskultur von fünf Faktoren ab: Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist.
Beim Teamgeist schneiden viele Unternehmen ziemlich gut ab. Die Stimmung zwischen den Kollegen, die kurzen Gespräche an der Kaffeemaschine: Oftmals sei es das, was die Kultur hochhält, gerade wenn sonst einiges im Argen liegt. Während Corona fiel aber genau dieser Faktor weg. Die Folge: In gewissen Unternehmen sank die Mitarbeiterzufriedenheit rapide. Allerdings nicht in allen, wie Mollet festhält: Bei jenen, die schon vor Corona eine gute Kultur hatten, litt diese auch nicht unter Corona. «Wenn man nur dann eine gute Kultur hat, wenn alle im Büro sind, hat man ein Problem», sagt Mollet.
Drei der fünf Faktoren – Glaubwürdigkeit, Respekt und Fairness – hängen mit den Führungskräften zusammen. Entsprechend seien Kulturprobleme in Wirklichkeit oft Führungsprobleme, sagt Mollet. Ein häufiges Defizit ist etwa die mangelnde Wertschätzung. Für Mollet ist gute Führung ein Handwerk, das gelernt werden sollte. Gerade auf den unteren Hierarchieebenen seien Führungskräfte aber oft unzureichend ausgebildet und würden bei der täglichen Arbeit allein gelassen.
Wer Great Place to Work heisst, muss natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Für das Unternehmen arbeiten 16 Personen, sechs davon, auch Mollet, sind Aktionäre. Zwar existieren verschiedene «Circles», die sich um unterschiedliche Themen kümmern, um die Befragungen etwa oder das Marketing. Hierarchien gibt es aber nicht, nicht einmal Jobbezeichnungen. «Jeder arbeitet einfach», sagt Mollet. Das funktioniere sehr gut.
Die Löhne sind komplett transparent. Jeder weiss, wie viel der andere verdient. Dabei verdienen aber nicht alle gleich viel. «Fairness bedeutet nicht Gleichheit», betont Mollet. Die Unterschiede müssen aber nachvollziehbar sein. Lohntransparenz einzuführen sei nicht schwierig. Lohnfairness indessen schon. «Die meisten Unternehmen haben keine fairen Löhne und können sie deshalb auch nicht transparent machen», sagt er.
Dabei führt Lohntransparenz zu einer grossen Entspannung in Bezug auf dieses sonst so brisante Thema. «Wenn wir eine Stelle neu ausschreiben, diskutieren wir im Team vorgängig, wie viel wir bereit sind zu zahlen», sagt Mollet. Dabei sei jedem klar, dass man für gewisse Funktionen mehr zahlen muss als für andere, einfach, weil man sonst niemanden findet. Das Lohnband wird mit dem Stelleninserat gleich mit publiziert, damit sich nur Bewerberinnen und Bewerber melden, die mit diesem Gehalt auch zufrieden sind.
Mollet, der mit seiner Partnerin in Zug lebt, arbeitet selbst nur 80%. Daneben engagiert er sich im Rotary Club Zug und in der militärhistorischen Stiftung des Kantons Zug. Bis 2020 war er zudem Vizepräsident der FDP Kanton Zug.
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