Was zähltWo gerne gestreikt wird
Arbeitskonflikte entladen sich in manchen europäischen Ländern traditionell häufig, in anderen dagegen nur selten.

Es wird wieder mal gestreikt, etwa in Deutschland. Ein klassisches Anliegen in Arbeitskonflikten, gerade in Zeiten schmerzhaft hoher Teuerung: mehr Lohn, überhaupt bessere Arbeitsbedingungen. In manchen Ländern ist die Streikkultur ausgeprägt, in anderen herrscht weitgehend Arbeitsfrieden. Gemäss den Erhebungen des Europäischen Gewerkschaftsinstituts war von 2000 bis 2009 der Jahresdurchschnitt der wegen Streiks ausgefallenen Arbeitstage pro 1000 Beschäftigte in Spanien am höchsten. Im Mittel gingen 153 Arbeitstage verloren. Frankreich folgte mit 127 Tagen. Von 2010 bis 2019 lag Frankreich mit 128 Tagen voraus, vor Belgien mit 98 verlorenen Tagen. Frankreich und Belgien waren auch in der kurzen und von Covid gekennzeichneten Periode 2020/21 an der Spitze. Italien, ein «üblicher Verdächtiger» in Sachen regulärer und wilder Streiks, ist wegen mangelhafter Datenlage hier übrigens nicht erfasst. Auffallend: Die sonst eher auf gesellschaftlichen Konsens getrimmten nordischen Länder Dänemark, Finnland und Norwegen zeigen fast lateinisches Temperament, wenn es um Arbeitsniederlegung geht. Die Arbeitswelt im Vereinigten Königreich, einst regelmässig von grossen Streiks erschüttert, ist nun mitteleuropäisch unauffällig, also längst nicht mehr so konfrontativ wie einst – bevor Margaret Thatcher in den Achtzigerjahren die Macht der Gewerkschaften stutzte.
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